Kriminalstatistik: Jugendpornografie steigt um 32 Prozent

Minderjährige selbst teilen oft unangemessene Bilder über Messenger und soziale Medien. Bundesinnenministerin Faeser trommelt trotzdem für die Chatkontrolle.​

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(Bild: Shutterstock/Empirephotostock)

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Die Zahlen bei der Verbreitung einschlägiger Missbrauchsdarstellungen stiegen 2022 um acht Prozent auf 54.188 Fälle, wie aus der vom Bundeskriminalamt veröffentlichten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) hervorgeht. Die registrierten Straftaten des sexuellen Kindesmissbrauchs lagen demnach mit 15.520 Fällen in etwa auf dem Niveau von 2021 (15.507). Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung jugendpornografischer sprangen mit 32 Prozent deutlich stärker nach oben. Die Polizei räumt hier selbst ein, dass vor allem Minderjährige selbst "ohne Kenntnis eines strafrechtlichen Hintergrundes" Bilder in Gruppenchats und über soziale Medien teilten. Der Anteil der Tatverdächtigen unter 18 Jahren liege nach einer umstrittenen Strafrechtsverschärfung bei 41,1 Prozent. Zur Prävention gehören vor allem Bildung, Sensibilisierung und Medienkompetenz.

Obwohl die Kriminalitätsschwerpunkte in anderen Bereichen liegen, lenkten Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD), den Fokus bei der Präsentation der PKS auf Missbrauch von Minderjährigen. "Es ist entsetzlich, dass tagtäglich Kinder und Jugendliche Opfer von sexualisierter Gewalt werden", betonte Faeser. "Wir tun alles, um die Täter und ihre Netzwerke zu ermitteln und Kinder zu schützen. Das hat höchste Priorität." Um Frauen besser zu schützen, sei zudem neben mehr Präsenz von Sicherheitskräften auch "mehr Videoüberwachung" in öffentlichen Verkehrsmitteln nötig.

Zugleich nutzte die Ministerin die Gelegenheit, um erneut für die heftig umstrittene Chatkontrolle zu werben: "Wir werden künftig erstmals europäische Instrumente schaffen, um Online-Plattformen in die Pflicht zu nehmen, damit Missbrauchsdarstellungen entdeckt, gelöscht und die Täter verfolgt werden. Mit dem EU-Zentrum gegen Kindesmissbrauch werden wir die Opfer unterstützen und ihnen erstmals das ausdrückliche Recht geben, zu erfahren, ob Missbrauchsabbildungen noch im Umlauf sind." Der SPD-nahe netzpolitische Verein D64 warf der Sozialdemokratin erst am Dienstag vor, sie halte auch nach vernichtenden Kritik bei einer Bundestagsanhörung weiter an Vorschlägen wie "der Überwachung privater, unverschlüsselter Kommunikation durch serverseitiges Scannen von Chats und persönlicher Cloud-Speicher fest".

Spranger ergänzte: Wo Täter den digitalen Raum dafür missbrauchten, um sich über Grenzen hinwegzusetzen, "müssen wir mit unseren Sicherheitsbehörden über Grenzen hinausdenken". Gerade im Kampf gegen Missbrauchsdarstellungen werde dies deutlich. Die IMK lege daher auch dieses Jahr einen Schwerpunkt "auf den Schutz und die Sicherheit der Schwächsten unserer Gesellschaft auch durch eine vernetzte, behördenübergreifende Zusammenarbeit". Es gebe "keinen Rückzugsort vor unserem Rechtsstaat".

Laut der PKS stiegen Betrug beziehungsweise Computerbetrug mithilfe rechtswidrig erlangter unbarer Zahlungsmittel um 22,5 Prozent auf 79.192 Fälle gegenüber 2021. Auch die geänderten Modalitäten im bargeldlosen Zahlungsverkehr, wonach rechtswidrig erlangte EC-Karten für Einkäufe unter der Wertgrenze ohne eine PIN-Eingabe einsetzbar sind, könnten diese Entwicklung fördern. Der Anteil der Betrugsfälle, die mit dem "Tatmittel Internet" begangen wurden, lag 2022 bei 30,4 Prozent. Online-Beleidigungen nahmen geringfügig um 2,4 Prozent auf 17.576 Fälle zu. Hier gilt die Dunkelziffer als besonders groß.

(mack)