Verlage rechnen mit Gesetzentwurf für Leistungsschutzrecht noch in diesem Jahr

Vertreter der Verlagsbranche sagten in Berlin, es solle eine Verwertungsgesellschaft gegründet werden, die nicht nur an sie, sondern auch an die Autoren ausschütten solle. Doch wer letztlich in die Kasse einzahlen soll, ist noch unklar.

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Die Verlagsbranche rechnet noch in diesem Jahr mit einem Referentenentwurf für ein Gesetz zur Einführung eines erweiterten Schutzes von Presseerzeugnissen im Internet. Schon vor Frühjahrsbeginn könne dann ein Kabinettsbeschluss erfolgen. Dies erklärten Christoph Keese, Cheflobbyist bei Axel Springer, und Christoph Fiedler vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), auf einer Diskussionsrunde in Berlin am gestrigen Montag über ein gesondertes Leistungsschutzrecht für die Verleger von Druckwerken. Es solle dann eine eigene Verwertungsgesellschaft gegründet werden, die nicht nur an die Verlage, sondern auch an Autoren ausschütten solle. Laut Netzpolitik-Blogger Markus Beckedahl und Matthias Spielkamp vom Urheberrechtsportal iRights.info ist aber die entscheidende Frage noch offen, wer in die Kasse einzahlen soll.

Das Leistungsschutzrecht sei nicht gegen Google und andere Suchmaschinen oder Blogger gerichtet, betonten die Verlegervertreter. Es solle aber etwa für "gewerbliche Nutzungen" von Verlagsinhalten eine Gebühr erhoben werden. Bestimmte Nutzungsfälle könnten nicht mit dem bestehenden Urheberrecht abgedeckt werden. Von diesem Argument ließ sich die Gegenseite nicht überzeugen. Spielkamp erklärte gegenüber heise online: "Wenn das Online-Lesen von Verlagsinhalten oder die Verlinkung darauf abgabepflichtig würde, könnten wir mit der freiheitlichen Internetgesellschaft einpacken".

Unterdessen wächst die Zahl der Rechtsgutachten, die sich mit der von der schwarz-gelben Koalition beschlossenen, vom Bundesjustizministerium vor Kurzem aber noch zurückhaltend beäugten Einführung eines Leistungsschutzrechts auseinandersetzen. Eine Kurzanalyse (PDF-Datei) des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hat iRights.info gerade veröffentlicht. In dem Ende April fertiggestellten, aber unter Verschluss gehaltenen Papier heißt es im Resümee, dass sich in Zeiten neuer Informationstechnik nicht nur die Rolle des Verlegers gewandelt habe. Auch Autoren könnten zunehmend ihre Texte selbst über das Internet verfügbar machen. Das Leistungsschutzrecht müsse daher beide Gruppen von Rechteinhabern angemessen berücksichtigen.

Ein weiteres, im Auftrag des Bayerischen Journalistenverbands verfasstes Gutachten, das Anfang Dezember in der Zeitschrift Kommunikation und Recht erscheinen soll, betont laut einem Bericht des Online-Kulturmagazins Perlentaucher ebenfalls die verschiedenen Interessen von Urhebern und Verwertern. Verleger sähen demnach das Internet vielfach vor allem als Konkurrenz zu ihren klassischen Printprodukten. Autoren hätten dagegen ein Interesse daran, dass ihre Texte möglichst umfassend Verbreitung finden.

In dem Gutachten wird unterstrichen, dass die Einführung eines neuen Rechts an immateriellen Gütern einen Vorteil für die Allgemeinheit mit sich bringen müsste. Aus dem allgemeinen Urheberrecht könne nicht abgeleitet werden, dass schon die reine Vermittlung publizierter Inhalte in Printmedien vor digitalen Konkurrenten zusätzlich geschützt werden müsse. Wenn Verlage die Crawler von Suchmaschinen nicht von ihren Online-Angeboten ausschlössen, sei darin eine Einwilligung in die Verwendung von Links und kleinen Textstücken in die Trefferlisten zu sehen.

VDZ-Präsident Hubert Burda plädierte in Berlin im Rahmen einer Debatte auf den Zeitschriftentagen des Verbands über die Refinanzierung journalistischer Inhalte im Netz für mehr Transparenz. Suchmaschinen-Betreiber müssen sich seiner Ansicht nach auf Standards für eine faire wirtschaftliche Zusammenarbeit festlegen, um etwa mit Verlagsinhalten erzielte Werbeeinnahmen mit den Verwertern und Autoren zu teilen. (anw)