Weiter Ärger im iPhone App Store

Während mehrere führende Entwickler sich aus Apples Software-Laden verabschieden, beschwichtigt Manager Phil Schiller in einem Interview, das Unternehmen lerne noch.

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Von außen sieht Apples Software-Laden für iPhone und iPod touch, der App Store, erfolgreich aus: Milliarden Downloads treffen auf mittlerweile über 100.000 Anwendungen. Hinter den Kulissen will das Rumoren der Entwickler jedoch nicht verstummen, denn Apple bestimmt mit eiserner Hand, was in den App Store darf und was nicht. "App Reviewer" prüfen eingereichte Programme nicht nur auf technische Funktionsfähigkeit, sondern auch auf inhaltliche und mehrere rechtliche Kriterien. Der Vorgang dauert im Schnitt mindestens 14 Tage.

Kein Entwickler erfährt vorab, wie die konkreten Chancen seiner Anwendung auf Zulassung stehen. Wird sie aus Gründen, die auf Außenstehende durchaus willkürlich wirken können, doch zurückgewiesen, bleibt er auf seinen Entwicklungskosten sitzen. Apple ist der Gatekeeper und das Maß aller Dinge – zumindest dann, wenn man sein iPhone nicht per Jailbreak knackt und damit potenziell sicherheitstechnisch gefährdet.

Ein App Store-Bannstrahl kann Entwickler auch treffen, wenn sie Apples Jugendschutzbestimmungen nicht entsprechen. Zuletzt traf es die Nachrichtenanwendung der Illustrierten Stern. In dem Programm war eine Erotik-Galerie mit Dessous-Aufnahmen zu sehen, was kurzfristig dazu führte, dass die Anwendung aus dem deutschen App Store verschwand – ohne jede Warnung, wie es vom Verlag Gruner+Jahr hieß.

Neben inhaltlichen und rechtlichen Problemen treffen iPhone-Entwickler seit Kurzem auch auf neue technische Probleme: Apple hat vor einigen Wochen damit begonnen, alle eingereichten Programme automatisiert auf Verwendung privater API-Calls zu untersuchen. Das sind Funktionsaufrufe, die offiziell nicht dokumentiert sind, aber Features im iPhone OS erlauben, die Entwickler gerne nutzen würden – Apple selbst darf sie für seine Anwendungen verwenden.

Die Probleme führen zunehmend dazu, dass sich auch prominente Entwickler abwenden. Zuletzt gab Joe Hewitt, beim sozialen Netzwerk Facebook für die iPhone-Programme verantwortlich, öffentlich bekannt, er werde künftig auf andere Plattformen wechseln. "Das hat nur mit Apples Politik zu tun." Er befürchte, dass andere Hersteller sich ein Beispiel an dem Computerkonzern nehmen könnten und selbst zu Gatekeepern werden.

Ein prominenter Mac-Entwickler, Rogue Amoeba, kämpfte monatelang um Zulassung einer Anwendung, weil diese Abbilder von Apple-Geräten enthielt, was der Hersteller als Markenrechtsverletzung interpretierte. Nun wolle er sich künftig wieder auf die Entwicklung für Desktops konzentrieren.

Die schlechte Stimmung rief nun auch neuerliche Reaktionen seitens Apples Management hervor. Die Probleme, die praktisch seit Start des App Store vor nicht ganz anderthalb Jahren immer wieder aufflammen, werden normalerweise von Marketingboss Phil Schiller besprochen. Der sagte nun gegenüber Businessweek, Apple sehe sich selbst noch in einem Lernprozess, es sei aber im Interesse der Entwickler, dass der Konzern auf alle Anwendungen schaue. So seien 10 Prozent der zurückgewiesenen Anwendungen beispielsweise "unangemessen" – was genau das heißt, sagte Schiller nicht.

Parallel zum App Store-Kampf beginnen einzelne Entwickler, sich entweder über Jailbreak-Geräte oder Web-Anwendungen einen Markt jenseits von Apples Zulassungsregime zu erschließen. Außerdem erwägen einige auch den Umzug zu anderen Plattformen. Bei Googles Android oder Palms WebOS wird nämlich nicht auf "Unangemessenheit" geprüft, sondern nahezu alles durchgewinkt, auch wenn das potenziell schlecht für die Sicherheit sein könnte. (anw)