Internetanbieter fordern Rechtssicherheit gegen Web-Sperren

Provider setzen weiter darauf, dass Bundespräsident Horst Köhler das Zugangserschwerungsgesetz nicht unterzeichnet. Ansonsten müsse die umstrittene Regelung "komplett und dauerhaft" vom Parlament außer Kraft gesetzt werden.

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Internetanbieter setzen weiter darauf, dass Bundespräsident Horst Köhler (CDU) das Gesetz zu Webseiten-Sperren im Kampf gegen Kinderpornographie nicht unterzeichnet. Ansonsten müsse dieses "komplett und dauerhaft" sowie "ohne Wenn und Aber" vom Bundestag außer Kraft gesetzt werden, hieß es am heutigen Montag in Providerkreisen. Die vom Parlament mit den Stimmen der großen Koalition kurz vor der Sommerpause im Eiltempo verabschiedete Linie der Blockade von Webseiten sei der "falsche Weg". Um den im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vorgesehenen Ansatz "Löschen statt Sperren" zu verfolgen, sei keine rechtliche Regelung wie das umkämpfte Zugangserschwerungsgesetz erforderlich.

Köhler hatte Ende vergangener Woche Skepsis gegenüber dem vom Bundesrat abgesegneten Gesetzesvorhaben durchblicken lassen und die Bundesregierung um "ergänzende Informationen" für die von ihm durchzuführende Prüfung auf formale Verfassungskonformität gebeten. Schon Anfang Oktober hatte zuvor die EU-Kommission prinzipiell bestätigt, dass es keine ernstzunehmenden europarechtlichen Hürden gebe. Seitdem liegt das vor allem von der SPD und der ehemaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorangetriebene, von den Liberalen aber abgelehnte Gesetz beim Bundespräsidenten. Nach Ansicht von Rechtsexperten könnte es verfassungswidrig sein. Gegner aus der Internetgemeinde sehen darin den Einstieg in eine umfassende Zensurinfrastruktur.

Weiter auf Bedenken stößt unterdessen auch die Vereinbarung im Koalitionsvertrag von Union und FDP, das Gesetz nach einer möglichen Ausfertigung durch den Bundespräsidenten durch einen Erlass der Bundesregierung an das Bundeskriminalamt (BKA) zunächst für ein Jahr außer Kraft zu setzen. Die Vizechefin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, hatte diesen Weg im Einklang mit Internet-Juristen als zumindest unsauber bezeichnet. Eine Behörde habe geltende Gesetze zunächst einzuhalten.

"Statt die Unterzeichnung dieses falschen Gesetzes auf die lange Bank zu schieben, sollte der Bundestag schnellstmöglich eine Aufhebung beschließen", fordert daher Malte Spitze vom Bundesvorstand der Grünen gemeinsam mit anderen Oppositionspolitikern. "Nicht-Anwendbarkeits-Erlässe" von Ministerien seien "rechtsstaatlich höchst bedenklich und unterlaufen die parlamentarische Demokratie". Nötig sei eine international koordinierte Zusammenarbeit und die Stärkung der Mittel der Ermittlungsbehörden. (vbr)