OLG Frankfurt schränkt Nutzerrechte in Bibliotheken ein
Das Oberlandesgericht hat im Berufungsverfahren des Fachverlags Ulmer gegen die Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (ULB) die von der ersten Instanz noch zugelassene Möglichkeit des teilweisen Ausdrucks digitalisierter Werke untersagt.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat die Rechte von Nutzern elektronischer Leseplätze in Bibliotheken weiter eingeschränkt. Im Berufungsverfahren des Stuttgarter Fachverlags Ulmer gegen die Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (ULB) untersagten die Richter in einem am gestrigen Dienstag zugestellten Urteil (AZ.: 11 U 40/09) die von der ersten Instanz noch zugelassene Möglichkeit des teilweisen Ausdrucks digitalisierter Werke. Zuvor hatte das Landgericht Frankfurt in dem Fall bereits die Erstellung digitaler Kopien durch Bibliotheksnutzer sowie das Abspeichern etwa auf einem USB-Stick und das Mitnehmen nach Hause verboten.
Die an der TU Darmstadt angesiedelte Bücherei bedauert in einer Mitteilung, dass mit der Entscheidung das in Paragraph 53 Urheberrechtsgesetz (UrhG) grundsätzlich verankerte "Recht auf Privatkopien zum wissenschaftlichen Gebrauch" hier nicht greifen solle. Grundsätzlich habe zwar auch das OLG die mit Paragraph 52 b UrhG geschaffene Möglichkeit für Bibliotheken bestätigt, unabhängig von einem etwaigen elektronischen Verlagsangebot ihre eigenen Bestände digitalisieren und für Forschung und private Studien zum Abruf vor Ort an elektronischen Leseplätzen bereithalten zu dürfen. Die TU Darmstadt sieht mit dem durch den Ulmer-Verlag "auf Drängen des Börsenvereins des deutschen Buchhandels" durchgesetzten Beschränkungen eine sinnvolle Nutzung der von der ULB produzierten digitalen Medien aber nicht mehr als möglich. Man werde das bisherige Angebot elektronischer Leseplätze daher vorläufig einstellen.
Aus Sicht der Bildungseinrichtung ist nun der Gesetzgeber gefordert, in den anstehenden Beratungen zum Dritten Korb der Novellierung des Urheberrechts für Klarheit zu sorgen. Nötig sei eine zeitgemäße Neufassung der Bibliotheksprivilegien. Wissenschaftliches Arbeiten mit Texten erfordere zwingend die Möglichkeit, "Kopien von Textteilen zu erstellen, um zuverlässig memorieren und zitieren zu können". Das OLG habe die Nutzer aber zum Abschreiben mit der Hand verdonnert, was in Zeiten elektronischer Medien und des Internet ein Anachronismus sei. Der eigentliche Sinn der Gesetzesklausel für elektronische Leseplätze, "auch auf digitalem Weg wissenschaftliche Texte in moderner, im universitären Umfeld längst selbstverständlich gewordener Form verfügbar zu machen", werde damit "auf den Kopf gestellt".
Das Landgericht Frankfurt hatte im Frühjahr noch entschieden, dass "eine sinnvolle Arbeit mit längeren Texten regelmäßig die Möglichkeit" voraussetze, Vervielfältigungen "herzustellen und diese mitzunehmen". Dieses Zugeständnis beziehe sich aber allein auf analoge Papierkopien. Der Deutsche Bibliotheksverband hatte daher schon damals Freigaben auch für digitale Vervielfältigungen durch die Nutzer gefordert und den Gesetzgeber zum Handeln aufgerufen.
In die Debatte um einen Dritten Korb der Urheberrechtsreform hat sich parallel auch das Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" im Rahmen seiner Jahrestagung Ende November in Berlin eingeschaltet. Die neu gewählte Lenkungsgruppe und die Sprecher der Vereinigung appelli erten an die Bundesregierung und Bundestag, "die Schutzrechte im Urheberrecht nicht weiter zu verstärken". Vielmehr sei es nötig, "flexibler und liberaler den Nutzerbedürfnissen und dem Nutzen eines freizügigen Umgangs mit Wissen und Information" nicht zuletzt im Interesse auch der Wirtschaft Rechnung zu tragen. Konkret monieren die Bündnispartner, dass Bibliotheken mit dem geltenden Recht "viel zu enge Fesseln angelegt" sei. Hier gehe die Gesetzgebung "geradezu grotesk an den Nutzungsanforderungen und -gepflogenheiten im Umfeld des Internet vorbei".
Zudem sieht die Interessensvertretung die Bedingungen für Bildung und Wissenschaft, unter denen in Forschung und Lehre urheberrechtsgeschütztes Material genutzt werden darf, viel zu eng und realitätsfern formuliert. Auch den Forderungen der Urheber selber, dass sie ihre Rechte an ihren Werken besser und schneller gegenüber den verwertenden Verlagen behaupten können, sei bislang nur unzulänglich Rechnung getragen worden. Generell müsse es darum gehen, wie auch über das Urheberrecht erreicht werden kann, "dass das in öffentlichen Umgebungen und mit Steuermitteln unterstützt produzierte Wissen allen Bürgern ohne große Zeitverzögerung frei zur Nutzung zur Verfügung stehen kann".
(jk)