Österreich: Opposition dünnt Datenschutz-Novelle aus

Zum Jahreswechsel tritt in Österreich die umfassendste Novellierung des Datenschutzrechts seit dem Jahr 2000 in Kraft. Der Beschluss des Parlaments unterscheidet sich allerdings deutlich von einem im Sommer vorgestellten Ministerialentwurf.

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Zum Jahreswechsel tritt in Österreich die umfassendste Novellierung des Datenschutzrechts seit dem Jahr 2000 in Kraft. Der Beschluss des Parlaments unterscheidet sich allerdings deutlich von einem im Juni vorgestellten Ministerialentwurf. Alle vorgesehenen Verfassungsänderungen sind weggefallen. Die Pflicht zur Information Betroffener bei systematischen und schwerwiegenden Datenschutzverletzungen wird verdünnt wirksam. Eine Informationspflicht besteht nicht, wenn der Schaden beim Betroffen nur "geringfügig" sein dürfte oder die Information zu aufwendig wäre. Die in Deutschland bestehende Pflicht zur Information der Behörde ist in Österreich nicht vorgesehen.

Hintergrund ist, dass die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP die Ladung amtierender und ehemaliger Minister in einen Untersuchungsausschuss zum Thema Spionage verhindert hatten. Daraufhin entschlossen sich die Oppositionsparteien FPÖ, Grüne und BZÖ zu einer Blockade aller Verfassungsänderungen zumindest bis März. Die Regierungskoalition verfügt nicht über die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit und benötigt daher für Verfassungsänderungen die Zustimmung von mindestens 14 Abgeordneten der Opposition. Daher konnten nun auch die in der Regierungsvorlage geplanten Änderungen von Verfassungsbestimmungen im Datenschutzgesetz (DSG 2000) nicht umgesetzt werden.

So ist etwa bei der Formulierung eines Grundrechts auf Datenschutz weiterhin irreführend von einer Abwägung hinsichtlich "schutzwürdiger Interessen" die Rede; tatsächlich ist dieser Passus unter Berücksichtigung der einschlägigen EU-Richtlinie und der Rechtsprechung des EuGH unbeachtlich. Auch die Vereinfachung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ist entfallen. Somit bleiben die Länder für die Regelung manueller Datensammlungen zuständig. Die Verdünnung der Informationspflicht bei Datenschutzverletzungen ist hingegen auf Initiative der Regierungskoalition erfolgt.

Trotzdem plant das Bundeskanzleramt nicht, bald eine weitere Novelle zu initiieren. Änderungen im DSG 2000 könnten allerdings dennoch notwendig werden. Einerseits enthält das neue europarechtliche Telekompaket auch datenschutzrechtliche Bestimmungen, die möglicherweise nicht nur im Telekommunikationsgesetz (TKG 2003) sondern auch im DSG 2000 umgesetzt werden müssen. Andererseits muss sich Österreich gegenwärtig wegen des Vorwurfs einer mangelnden Unabhängigkeit der Datenschutzkommission (DSK) in einem Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH verantworten. Je nach Ausgang dieses Prozesses könnte die Republik Österreich zu weiteren Maßnahmen im DSG 2000 gezwungen sein.

Inhaltlich bleibt ein Entwurf, der harscher Kritik von Datenschützern ausgesetzt ist. Sie empfinden etwa die Regelung privater Videoüberwachung als zu locker. Erfasst wird nur systematische digitale Videoüberwachung, die eine Identifizierung von Personen zum Ziel hat. Laut dem neuen Paragraphen 50a DSG 2000 soll solche Videoüberwachung für "die Erfüllung gesetzlicher oder vergleichbarer rechtlicher Sorgfaltspflichten, jeweils einschließlich der Beweissicherung" zulässig sein. Bereits genehmigte Videoüberwachungen, die den neuen Regeln nicht entsprechen, wie etwa in einigen Wiener Gemeindebauten, sollen weiter laufen dürfen. Geplant ist zudem die Verordnung sogenannter "Standardanwendungen", was weitere Erleichterungen für Videoüberwachungen in bestimmten Bereich wie zum Beispiel bei Juwelieren bringen soll.

Bürger haben grundsätzlich Anspruch auf Auskunft über die sie betreffenden Datenverwendungen. Kommt ein Datenverarbeiter seinen Pflichten nicht nach, kann sich der Betroffene bei der Datenschutzkommission beschweren. Dies gilt jedoch nicht für den Bereich der Videoüberwachung, wo der kostenpflichtige Gerichtsweg beschritten werden muss. Unklar ist, ob dies ein legistisches Versehen oder Teil der Maßnahmen zur Entlastung der Datenschutzkommission ist. Die Tätigkeit in der Kommission soll ausdrücklich nur noch eine Nebentätigkeit darstellen.

Im ersten Entwurf zur DSG-Novelle war noch die verpflichtende Einführung von Datenschutzbeauftragten in größeren Betrieb vorgesehen. Dies ist zwar nicht Teil der aktuellen Novelle, politisch aber noch nicht endgültig gestorben. Möglicherweise werden kommendes Jahr ähnliche Bestimmungen in das Arbeitsverfassungsgesetz aufgenommen – falls sich die Regierungskoalition dazu durchringen kann und die Opposition ihre Protestmaßnahmen aufgibt. (pmz)