WSIS: Mit schmalem Gepäck beim Weltgipfel für die Informationsgesellschaft
Der deutsche Vertreter Rezzo Schlauch warnte auf dem UN-Weltgipfel auch vor Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch illegale Internet-Inhalte und vor der Nutzung der Netze durch Terroristen.
Die Integration der Zivilgesellschaft, die Einigung über Menschenrechtsfragen und die Tatsache, dass der Gipfel erst einmal stattgefunden hat -- dies bezeichnete Rezzo Schlauch als wichtigste Erfolge des ersten Weltgipfels der Informationsgesellschaft (WSIS). Schlauch, parlamentarischer Staatsekreträr im Bundeswirtschaftsministerium, war kurzfristig für seinen Minister Wolfgang Clement als deutscher Regierungsvertreter auf dem Weltgipfel eingesprungen. Fragen, ob Deutschland sich eher zurückhaltend an den Gipfelvorbereitungen beteiligt habe, verneinte er bei seiner Kurzvisite am kleinen und ganz in die Ecke gerückten deutschen Gemeinschaftsstand auf der dem Gipfel angeschlossenen ICT4D-Messe. Schlauch verwies noch einmal auf die wichtigen Diskussionen im Vermittlungsausschuss, die in Berlin stattfinden.
"Die Vorbereitung war schwierig, was aber auch daran liegt, dass wir es mit äußerst komplizierten Systemen zu tun haben", räumte Schlauch ein. Mit Blick auf die Streitfrage Internet-Verwaltung sagte Schlauch: "Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass ICANN eine angemessene Lösung ist." Am Vormittag hatte der für die Informationsgesellschaft zuständige EU-Kommissar Erkki Liikanen noch festgestellt, dass innerhalb der EU eine Art neuer High Level Task Force sich demnächst mit diesem Thema beschäftigen werde. Anders als bisher sollen nicht ausschließlich die Techniker gehört werden, in Fragen öffentlicher Belange müssten Regierungen ihre Rolle spielen, sagte Italiens Vertreter, der Technologieminister Lucio Stanca.
Schlauch verwendete sich dafür, dass die bestehenden Copyright-Regelungen beim Schutz des geistigen Eigentums weiterhin die Basis sein sollten. Auf Druck vor allem von Brasilien waren die Verweise auf die TRIPS-Verträge und die WIPO noch in letzter Minute aus der Abschlussdeklaration für den Gipfel gestrichen worden.
Anders als unmittelbar vor ihm die Kollegen aus Irland und Dänemark warnte Schlauch in seiner Rede auch vor dem "Missbrauch" von Informations- und Kommunikationstechnologien, etwa durch die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch illegale Inhalte und durch die Nutzung der Netze durch Terroristen. "Es bedarf hier einer entschiedenen Antwort der internationalen Gemeinschaft", sagte Schlauch, wobei allerdings "übermäßige" Eingriffe in den freien Informationsfluss verhindert werden müssen. "Das heißt," sagte Schlauch auf Nachfrage von heise online, "dass man im konkreten Fall abwägen muss. Man kann auf der anderen Seite eine Technologie, die so strukturiert ist wie das Internet, auch nicht zu Tode kontrollieren." Deutschland reagiere auf Gefahren mit speziellen Task Forces, auf null könne man Gefahren und Missbrauch nicht reduzieren.
Zu den umstrittenen Finanzfragen und dem digitalen Solidaritätsfond sagte Schlauch nach seiner Rede, es sei notwendig, dass man noch mehr in der Unterstützung der Entwicklungsländer im Bereich IT tue -- auch die EU. Ein konkretes Päckchen wie etwa Italien, Irland oder die USA, die neue Entwicklungsprojekte auf dem Gipfel ankündigten, hatte Schlauch nicht im passend zur Stippvisite schmalen Gepäck. "Wir unterstützen die Entwicklungsländer bereits jetzt mit 180 Millionen Euro im Bereich IT", sagte Schlauch. Das sei eine beachtliche Summe. "Daher bin ich auch skeptisch gegenüber einem neuen Fonds, bevor wir wissen, wie der funktionieren soll."
Schlauch betonte die Bedeutung privater Investitionen, für die in den Entwicklungsländern die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden durch den Schutz ausländischer Investitionen und die Liberalisierung der Märkte. Irlands Staatschef Bertie Ahern hatte demgegenüber mehr die Verantwortung der versammelten Regierungen gegenüber allen Bürgern der globalen Gemeinschaft betont. Es würde ein Versagen bedeuten, dieser Verantworung nicht gerecht zu werden. Aus deutscher Sicht bleibt da nur zu hoffen, dass das Engagement für die globale Informationsgesellschaft auf dem Weg nach Tunis, wenn die zweite Phase des Gipfels im November 2005 über die Bühne gehen soll, an Fahrt gewinnt.
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(Monika Ermert) / (jk)