China bleibt nach Googles Drohung hart

Nach der Ankündigung des Internetkonzerns, sich möglicherweise aus China zurückzuziehen, bleibt die chinesische Regierung bei ihrer Linie: Ausländische Internetfirmen müssten sich in China an geltende Gesetze halten, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums.

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Im Streit zwischen dem Internetkonzern Google und der chinesischen Regierung über die anhaltende Zensur bleibt Peking hart. Ausländische Internetfirmen müssten sich in China an die Gesetze halten, sagte ein Sprecherin des Außenministeriums, Jiang Yu, am heutigen Donnerstag laut dpa vor der Presse in der chinesischen Hauptstadt. Zu den Vorwürfen über Hacker-Angriffe auf Google aus China wiederholte Jiang nur die übliche Formulierung: "Die chinesische Regierung lehnt Cyber-Attacken ab." Auch auf die Forderung von US-Außenministerin Hillary Clinton nach Aufklärung der Vorwürfe sagte die Sprecherin nur, die chinesische Regierung habe ihre Position der US-Seite erklärt.

"China verwaltet das Internet nach dem Gesetz und unsere Maßnahmen entsprechen internationaler Praxis", sagte Jiang. "Wir heißen ausländische Internetfirmen willkommen, in China gemäß den Gesetzen tätig zu sein." Ungeachtet der massiven Zensur in China beschrieb die Sprecherin das Internet in China als "offen". Die chinesische Tageszeitung Peoples' Daily zitiert einen nicht genannten, für Information zuständigen Offiziellen, laut dem China selbst Opfer von Cyber-Attacken geworden sei und solche Angriffe generell ablehne.

In einem anderen Bericht schreibt die Zeitung, die 700 chinesischen Google-Angestellten fürchteten nun um ihren Job. Es sei unwahrscheinlich, dass sich die chinesische Regierung und Google einigen, schreibt People's Daily unter Berufung auf einen nicht genannten Google-Mitarbeiter. Seitdem Lee Kai-Fu seinen Chefposten bei Google China im September verlassen habe, seien andere Mitarbeiter seinem Beispiel gefolgt. Google habe auch sein Engagement in China überdacht. Seit Oktober habe Google in China keine neuen Mitarbeiter mehr eingestellt.

Googles Chefjustiziar David Drummond hatte im offiziellen Weblog des Unternehmens am Dienstag geschrieben, auf der chinesischen Website des Unternehmens sollen künftig keine Suchergebnisse mehr gefiltert werden. Google wolle darüber mit den chinesischen Behörden sprechen, sich möglicherweise auch aus China zurückziehen. Als Gründe gab das Unternehmen Einschränkungen der Meinungsfreiheit an und es sei Ziel von Hacker-Angriffen geworden. Die Tageszeitung China Daily schrieb unter Berufung auf eine nicht genannte Google-Sprecherin, auch wenn Google.cn geschlossen werde, wolle der Internetdienstleister weiterhin eine chinesischsprachige Suche anbieten.

Von den Angriffen waren insgesamt 33 US-amerikanische Firmen betroffen, berichtete das US-Magazin Wired am Mittwoch. Unter ihnen seien Finanzfirmen und mindestens ein größeres Unternehmen in der Rüstungsindustrie gewesen. Die Angreifer hätten es unter anderem auf wichtigen Quellcode von Programmen abgesehen gehabt. Die Washington Post berichtete unter Berufung auf nicht genannte Quellen, betroffen von der "E-Spionage" seien unter anderem Yahoo, Symantec, Adobe, Northrop Grumman und Dow Chemical gewesen.

Wired und der US-Fachdienst CNet schreiben unter Berufung auf Eli Jellenc, den Chef der Internetsicherheitsfirma VeriSign iDefense, die Hacker-Attacke im Dezember zeige deutliche Ähnlichkeit mit einem ähnlichen Versuch im Sommer 2009, durch eine Sicherheitslücke im Adobe Reader wichtige Computerdaten von rund 100 amerikanischen Technologiefirmen zu stehlen. Der Softwarehersteller Adobe teilte am Dienstag in seinem Weblog mit, ihm sei am 2. Januar ein koordinierter Angriff auf Unternehmensnetze bekannt geworden, die von Adobe und anderen Unternehmen betreut würden. Momentan gebe es keine Hinweis, dass sensible Informationen abgezogen worden seien. Die Untersuchung der Vorfälle werde noch einige Zeit dauern.

Bei dem Angriff im Dezember auf Google und andere hätten die schädlichen Programme in den infizierten Computern ihre Instruktionen von ganz ähnlichen Serveradressen bekommen wie im Juli, berichtete iDefense, das Kunden unter den angegriffenen Firmen hat. Hinter früheren Hacker-Attacken steckten Gruppen, "die entweder direkt vom chinesischen Staat angestellt oder Amateur-Hacker sind und schon früher US-Firmen angegriffen haben", sagte Jellenc. Normalerweise würden die Hacker eine Sorte schädlichen Code je Ziel nutzen. Im aktuellen Fall seien während einer Kampagne verschiedene Angriffsflächen für verschiedene Ziele genutzt worden. Das zeige einen Entwicklungssprung in der Koordination der Hacker auf.

Unterdessen hat nach den Menschenrechtsorganisationen Center for Democracy and Technology und Human Rights Watch auch Reporter ohne Grenzen (ROG) Googles Ankündigung begrüßt. "Ein ausländisches Unternehmen der Internetbranche übernimmt damit gegenüber seinen chinesischen Nutzern Verantwortung und widersetzt sich mit großer Deutlichkeit den Forderungen von Behörden, die mit immer strikteren repressiven Maßnahmen das Internet überwachen", sagte der ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard. Die Organisation, die sich für Meinungsfreiheit einsetzt, fordert andere Unternehmen der Branche auf, ihre Haltung gegenüber der Zensurpolitik in der Volksrepublik zu überdenken.

Es sei gut, dass Google Hacker-Angriffe gegen das Unternehmen transparent gemacht hat, schrieb ROG weiter. Das Unternehmen zeige deutlich, dass es eine Priorität auf den Schutz persönlicher Daten von Kunden setzt. Google lehne es ab, Komplize von chinesischen Behörden bei der Verfolgung von Dissidenten im Netz zu sein. Google hat mittlerweile angekündigt, die seit Sommer 2008 optional angebotene Verschlüsselung via HyperText Transfer Protocol Secure (https) auf alle GMail-Konten anzuwenden. (anw)