VW ID.3 Facelift: Elektroauto in verbesserter Form im ersten Fahrbericht

VW hat den ID.3 überarbeitet. Im Fokus standen Software, Ladeleistung und die oberflächliche Anmutung im Innenraum. Ein erster Fahrbericht aus dem Elektroauto.

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VW ID.3 Facelift

(Bild: press-inform)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll
Inhaltsverzeichnis

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Elektroautos gab es von VW schon einige, doch der ID.3 war das erste, das ausschließlich als solches konzipiert wurde. Hektik in der Entwicklung und ambitionierte Kostenvorstellungen führten dazu, dass der ID.3 mit allerhand Schwächen auf den Markt kam. Volkswagen besserte in mehreren Schritten nach. Mit dem Facelift soll die gröbsten Schwachpunkte endlich ausgeräumt sein. Ein erster Eindruck zeigt, dass das nur zum Teil geglückt ist.

VW hat sich bei der Überarbeitung vor allem auf drei Kapitel gestürzt: Ladeleistung, Software und den oberflächlichen Qualitätseindruck im Interieur. Die bisherige Anmutung des Innenraums machte es einfach, mit der Überarbeitung alles weniger kostenoptimiert erscheinen zu lassen. Unterschäumter Kunststoff, etwas Leder und eine schwarz glänzende Zierleiste verfehlen ihre Wirkung nicht, das Interieur wirkt nicht mehr ganz so spärlich. Andererseits zieht die dunkle Plastikleiste Fingerabdrücke geradezu an, womit sie dann nicht mehr ganz so ansehnlich erscheint. Dennoch: Alles in allem hat VW auf die Kritik reagiert und den ID.3 innen sichtbar aufgewertet.

VW hat den Eindruck oberflächlicher Qualität spürbar angehoben.

(Bild: press-inform)

Das Layout des Armaturenbretts an sich blieb unverändert. Das 5,3 Zoll kleine Kombiinstrument liefert Übersicht die wichtigsten Informationen. In der Mitte bleibt es bei einem 12-Zoll-Bildschirm

[Korrektur: Statt 10 Zoll wie bisher misst der Bildschirm künftig 12 Zoll.]

Die unbeleuchtete Wischfurche bleibt im Auto. Die Darstellung überwältigt nicht gerade durch grafische Opulenz. Sie ist eher schlicht gehalten, aber dadurch ist die Handhabung eingängig. In den teuren Ausstattungslinien ist ein Head-up-Display mit Augmented Reality enthalten, was noch immer eine sehr gute Lösung ist. Auch das Arbeitstempo insgesamt ist nicht mehr ganz so zäh wie einst. Updates kommen inzwischen over-the-air ins Auto. Die Software im Testwagen lief stabil und ohne größere Bugs. Beides war in der Vergangenheit keine Selbstverständlichkeit bei VW. Das Infotainmentsystem kann mit den besten Lösungen auf dem Markt nicht mithalten, doch man kommt zurecht.

Das Infotainmentsystem lief im Testwagen stabil und ohne größere Bugs.

(Bild: press-inform)

Die dritte große Baustelle war die Ladegeschwindigkeit. Hier sind VW mit dem Modularen Elektrikbaukasten gewisse Grenzen gesetzt. Die Peakleistung steigt auf 170 kW, auf unserer Ausfahrt sahen wir für kurze Zeit sogar 176 kW. Doch dafür müssen der anfängliche Ladestand und die Batterietemperatur in einem idealen Fenster sein. Andernfalls bleibt die reale Ladeleistung deutlich darunter. Wir haben in knapp 22 Minuten 22,4 kWh nachgeladen und am Ende einen SoC von 81 Prozent gehabt. Die durchschnittliche Ladeleistung lag in diesem Fenster demnach bei rund 61 kW. Eine Vorkonditionierung der Batterie gibt es weiterhin nicht. Wie man es auch drehen mag: Zu den Lademeistern gehört der ID.3 auch nach dieser Überarbeitung wirklich nicht.

Unter der vorderen Haube sind nur Elektronik und ein paar Nachfüllmöglichkeiten für Flüssigkeiten.

(Bild: press-inform)

VW will das seit langer Zeit versprochene bidirektionale Laden endlich umsetzen. Damit ließe sich die Traktionsbatterie extern anzapfen. Auch Plug & Charge soll möglich sein: Läuft das einmal, kann der Fahrer an bestimmten Ladesäulen das Auto einfach anschließen, die Abrechnung erfolgt dann automatisch ohne weitere Umwege über App oder Karte. Schon heute recht ordentlich scheint die Routenberechnung samt Ladestopps zu funktionieren. In der Übersicht ist zu sehen, wo der Fahrer wie lange anhalten muss, um seine Fahrzeit zu optimieren.

Die beiden Batterien mit 58 und 77 kWh Energiegehalt blieben unverändert. Die kleine kann mit maximal 120 kW geladen werden, die Reichweite im WLTP gibt VW mit 429 km an. Im Testwagen war die größere Batterie gebaut, die im Zyklus für bis zu 559 km am Stück reichen soll. Der Stromverbrauch im WLTP ist mit 15,2 bzw. 15,3 kWh/100 km nahezu identisch. Wir kamen bei der Proberunde, die uns über die Autobahn und Landstraßen führte, laut Bordcomputer auf 14 kWh/100 km. Ein Blick auf den Langzeitmonitor ergab 18,2 kWh/100 km. Berücksichtigt werden muss, dass in den Angaben des Bordcomputers die Ladeverluste nicht erfasst werden, im Zyklus dagegen schon.

Der Kofferraum fast 385 Liter, hat also etwa das Format des VW Golf.

(Bild: press-inform)

Was der ID.3 unverändert gut kann: angenehm Fahren. Das Auto ist gut gedämmt, selbst auf der Autobahn bleibt der ID.3 ziemlich leise. Weder das Surren des E-Motors noch Windgeräusche dringen übermäßig nach innen. Die Sitze gefallen mit fester Polsterung, nur ihr Verstellbereich sollte etwas weiter nach unten reichen. Auch die Abstimmung von Federn und Dämpfern ist gelungen und fügt sich in das Gesamtbild eines gereiften Autos. Unebenheiten werden geschickt gefiltert, nur auf langen Wellen wippt die Karosserie minimal nach. Die Lenkung arbeitet präzise, bietet allerdings nicht viel Rückmeldung. Störender erscheint jedoch die schlecht zu dosierende Bremse samt langem Pedalweg.

Mit 150 kW ist der Antrieb kräftig genug, um den mindestens 1,93 Tonnen schweren ID.3 Pro S souverän erscheinen zu lassen. Die Version mit kleiner Batterie ist im Standardsprint mit 7,4 Sekunden etwas schneller als der Testwagen, für den 7,9 Sekunden versprochen werden. Im Alltag spielt das keine Rolle, hier wie dort erscheint der ID.3 mehr als nur ausreichend flott. Bei 160 km/h ist Schluss.

Das Head-up-Display wird in den teuren Ausstattungslinien ohne Aufpreis eingebaut.

(Bild: VW)

Das Basismodell des überarbeiteten ID.3 kostet 39.995 Euro, mit der großen Batterie und umfangreicherer Serienausstattung werden mindestens 47.595 Euro fällig. Die Kaufunterstützung, die sich Hersteller und Steuerzahler teilen, kann noch abgezogen werden. Der randvoll ausgestattete Testwagen soll auf 59.745 Euro kommen. Spätestens das erscheint überreichlich, denn der ID.3 ist ja wahrlich nicht allein auf dem Markt. Für ihn sprechen unter anderem die saubere Verarbeitung, das gelungene Fahrwerk und die gute Dämmung. Doch bei der Software liefert VW im Grund nur das, was der Kunde eigentlich ohnehin stets erwarten darf: Stabilität und die Abwesenheit von groben Schnitzern. Hinzu kommt: Die Ladeleistung mag in der Spitze unter idealen Bedingungen deutlich gestiegen sein, mit den schnellsten Konkurrenten kann es weiterhin nicht einmal ansatzweise mithalten. Das alles ist mit einem Preis versehen, der von einigem Selbstbewusstsein gezeichnet ist.

(mfz)