Wien ist gegen die Vorratsdatenspeicherung

Der Wiener Gemeinderat hat mitsamt der SPÖ in einer Resolution die österreichische Bundesregierung aufgefordert, die Vorratsdatenspeicherung nicht in österreichisches Recht umzusetzen. Die SPÖ bildet zusammen mit der ÖVP derzeit die Bundesregierung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 53 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Der Wiener Gemeinderat hat am Mittwoch die österreichische Bundesregierung aufgefordert, die Vorratsdatenspeicherung nicht in österreichisches Recht umzusetzen. Außerdem soll sich die Regierung auf europäischer Ebene für die Aufhebung der entsprechenden Richtlinie einsetzen. Der Antrag (PDF-Datei) war von den Grünen eingebracht worden. Er erhielt die Zustimmung aller Fraktionen mit Ausnahme der ÖVP.

Die Bundesregierung will die Vorratsdatenspeicherung durch eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG 2003) in Österreich einführen. Im Begutachtungsverfahren gingen bislang über 170 vorwiegend ablehnende Stellungnahmen ein, eine ungewöhnlich hohe Zahl.

Die Grünen begründeten ihren Antrag mit dem unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Bürger, der fehlenden Wirksamkeit und den erheblichen Kosten, die eine Wachstumsbranche und Konsumenten belasten würden. Der Resolutionsantrag hat keine juristischen Auswirkungen; durch die Unterstützung durch die Wiener SPÖ wird aber Druck auf die Bundesregierung ausgeübt, die von SPÖ und ÖVP gebildet wird.

Rechteverwerter fordern hingegen eine Ausweitung der Nutzung der auf Vorrat gespeicherten Daten. Sie wollen auf diesem Weg Verstöße gegen das Urheberrecht verfolgen dürfen. Die von der ÖVP gestellten Minister für Inneres und Justiz wünschen sich, dass die Daten länger als sechs Monate gespeichert werden und zur Verfolgung aller Straftaten ab einem Jahr Strafdrohung genutzt werden können. Die Oppositionsparteien FPÖ, BZÖ und Grüne lehnen die Vorratsdatenspeicherung grundsätzlich ab.

Das Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte (BIM) schlägt so genanntes Quick Freeze als Alternative zur Vorratsdatenspeicherung vor. Dabei sollen nicht die Daten aller und damit auch unverdächtiger Bürger gespeichert werden, sondern bei einem konkreten Anlass ein Richter kurzfristig die Speicherung bestimmter Verbindungsdaten einer Person oder auch einer Region anordnen können. In einem eigenen Verfahren soll dann das Gericht darüber entscheiden, wie diese Daten genutzt werden dürfen. Laut BIM wäre eine solche Regelung mit dem Wortlaut der EU-Richtlinie vereinbar. (anw)