Twitter: Zweiter leitender Angestellte tritt nach Kritik von Elon Musk zurück

Twitters Leiter für Markensicherheit und Anzeigenqualität, A.J. Brown, verlässt das Unternehmen. Er folgt damit seiner Vorgesetzten innerhalb kurzer Zeit.

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(Bild: Rokas Tenys/Shutterstock.com)

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Der Leiter für Markensicherheit und Anzeigenqualität (brand safety and ad quality) A.J. Brown verlässt Twitter. Den Rückzug kündigte Brown, der sein Engagement für die Sicherheit für Werbetreibende eingesetzt habe, kurz nach dem Rücktritt seiner Vorgesetzten Ella Irwin an, berichtet das Wall Street Journal (WSJ). Der Grund für den Rückzug der beiden leitenden Angestellte sei der Umgang mit der Moderation von Inhalten gewesen.

Im Detail ging es demzufolge um den Umgang Twitters mit einem Film über Geschlechterfragen und der Inhaltekontrolle, woran der Twitter-Chef Elon Musk Kritik gegenüber seinen Mitarbeitern äußerte. Musk erklärte laut dem WSJ, dass Twitter-Mitarbeiter bei der Bearbeitung von Beiträgen zu dem Dokumentarfilm "What is a Woman?" einen Fehler gemacht hätten. Der Film des Medienunternehmens Daily Wire behandelt Gender- und Transgenderthemen, beschäftigt sich mit operativer Geschlechtsumwandlung – auch bei Jugendlichen und Athleten im Frauensport – und setzt sich mit der Frage auseinander, wie man das Wort "Frau" definieren könnte.

Jeremy Boreing, Mitbegründer und Co-CEO von Daily Wire, behauptet, dass Twitter die Sichtbarkeit des Films einzuschränken versucht habe – wegen Misgendering (falsche Anrede für eine Person). Das verstoße demnach gegen die Twitter-Richtlinien. Musk erklärte daraufhin, dass viele Twitter-Mitarbeiter diesbezüglich Fehler gemacht hätten und dass die einzige Einschränkung darin bestehe, dass Inhalte zu dem Film nicht neben Werbung platziert werde.

Gegenüber dem WSJ bestätigte auch die kurz zuvor zurückgetretene Leiterin der Abteilung für Vertrauen und Sicherheit, Ella Irwin, den Zusammenhang mit Musks Kritik und ihrem Rücktritt, zu dessen Grund sie sich bislang nicht geäußert hatte. Mit der Angelegenheit vertraute Personen schreiben den Rücktritt von Brown ebenfalls dem Umgang mit dem Film zu.

Während Irwin auf Twitter nach der Übernahme durch Musk weiterhin den Schutz transsexueller Nutzer vor Missbrauch und Belästigung garantiert habe, wurde das vor Jahren in den Twitter-Richtlinien festgelegte Verbot von gezieltem Misgendering transsexueller Personen inzwischen entfernt. Vor der Übernahme habe Twitter Beschränkungen für Beiträge mit Hassrede, Belästigung oder anderweitig inakzeptable Inhalte beschlossen – auch auf Druck der Werbekunden –, die Musk zugunsten der freien Meinungsäußerung später teilweise kippte. Die Folgen wirkten sich entsprechend aus und viele Werbetreibende stoppten ihre Zusammenarbeit mit dem Mikroblogging-Dienst.

Neal Truman, Mitbegründer der Handelsgruppe der Werbeindustrie "Brand Safety Institute" erklärte nach den jüngsten Vorkommnissen die erneute Besorgnis der Werbetreibenden. Brown werde in der Werbebranche respektiert. Zuletzt seien viele Werbende wieder auf Twitter aktiv gewesen, auch wegen des Einsatzes neuer Tools für Markensicherheit und Technologien zur Überwachung von Tweets, die demnach für Einschränkungen entsprechender Inhalte gesorgt hätten.

Der Rückzug aus dem EU-Verhaltenskodex zu Desinformationen schaffe laut Ben Jankowski, Gründer des Medienberatungsunternehmens Modern Media Solutions, "kein Vertrauen bei Marken, die in Twitter investieren wollen". Musk erklärte laut WSJ, dass Twitter plane, das EU-Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act) einzuhalten.

Der Rücktritt von Irwin und Brown hinterlasse laut WSJ eine große Lücke, die Linda Yaccarino, die zukünftige Twitter-Chefin, füllen muss. Yaccarino, die frühere Leiterin der Werbeabteilung von NBCUniversal, habe gesagt, dass die Sicherheit von Marken heutzutage für Werbetreibende auf allen digitalen Plattformen Priorität hat.

(bme)