Altersprüfung: Datenschutzproblem von Porno-Konsumenten ist Regulierer "wumpe"

Auf der re:publica prallten eine Porno-Filmerin und ein Medienwächter aufeinander. Beim Einsatz von Altersverifikationssystemen kamen sie nicht zusammen.

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Mann schaut in einem abgedunkelten Raum pornografische Bilder auf einem Computerbildschirm an.

(Bild: M-Production/Shutterstock.com)

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Marc Jan Eumann, Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), und Porno-Aktivistin Paulita Pappel waren sich am Montag auf der Internetkonferenz re:publica in Berlin prinzipiell einig: Pornografie ist legal in Deutschland, aber Kinder und Jugendliche sollten auch im Internet nicht damit in Kontakt kommen. Doch bei den technischen Mitteln, die Unter-18-Jährige von den erotischen Inhalten abhalten sollen, kamen beide nicht überein: Wer selbst neue, auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Entwicklungen bei Altersverifikationssystemen (AVS) nicht nutze, "handelt wirklich fahrlässig", betonte Eumann. Die AVS-Pflicht "ist fahrlässig", hielt Pappel dagegen.

Die KJM hat mittlerweile über 100 unterschiedliche Konzepte beziehungsweise Module für AVS gutgeheißen. Die Palette reiche von Postident bei einer Post-Filiale vor Ort bis zur Online-Altersprüfung, erklärte Eumann. Da müsse für jeden Plattformbetreiber, der Erwachseneninhalte vertreibe, etwas dabei sein. Seit einem guten Jahr gehören dazu auch drei AVS, die ohne Ausweispapiere allein mit biometrischer Altersbestimmung mithilfe von maschinellem Lernen arbeiten. Dabei handelt es sich um die Lösungen Facial Age Estimation von KYC AVC, Age Verification von Ondato sowie Yoti der gleichnamigen Firma.

Marc Jan Eumann, Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) (rechts), und Porno-Aktivistin Paulita Pappel (links). Dazu Moderator Torben Klausa (Mitte.

Diese Techniken sind laut der KJM darauf trainiert, anhand biometrischer Merkmale wie Gesichtsdaten und Fingerabdrücken das Alter einer Person einzuschätzen. Um zu berücksichtigen, "dass manche Jugendliche älter aussehen, als sie sind", habe man einen Puffer von fünf Jahren festgelegt. Personen müssten maschinell also mindestens als 23 erkannt werden, "um Zugang zu den ab 18 Jahren bewerteten Inhalten zu bekommen". Durch systemseitige Kontrollfunktionen sei es zudem nicht möglich, "die Altersüberprüfung mit Standbildern" auszutricksen.

Mit dem Schritt wollten die staatlichen Jugendschützer auch ein Stück weit auf die Kritik eingehen, dass ein Alters-Check mit Ausweis Interessierte abschrecke, berichtete Eumann. Pappel sieht das Problem aber auch damit nicht gelöst. Sie verweist auf Studien, wonach rund 70 Prozent potenzieller Nutzer gleich wegklicken, wenn sie eine Alterskontrolle durchlaufen sollen. Die große Mehrheit werde also eine Seite im Ausland außerhalb der hiesigen Jurisdiktion mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder (JMStV) ansteuern. Die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Erotik-Plattformen im internationalen Markt werde so "komplett eingeschränkt". Zudem könnte eine Altersbeschränkung "innerhalb von Sekunden mit einem VPN-Zugang umgangen werden". Einen solchen hätten schier alle Jugendliche, um US-Inhalte von Netflix zu sehen.

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Auch ausländische Anbieter müssten sich an deutsches Recht halten, unterstreicht Eumann dagegen. Die KJM gehe zusammen mit Landesmedienanstalten gegen vier Plattformanbieter wie MindGeek mit Pornhub oder den xHamster-Betreiber vor, die alle ihren Sitz auf Zypern und Host-Provider in den Niederlanden beziehungsweise in den USA hätten. Die Regulierer hätten hier erfolgreich Sperrverfügungen für deutsche Zugangsanbieter und mittlerweile auch "überall richterliche Entscheidungen" bewirkt. Diese würden gerade durchgesetzt.

Pappel versucht es mit dem Beispiel eines Anwalts in einem konservativeren Bundesland, der eine ebensolche Klientel habe. Dieser wolle es ganz sicher nicht, wenn sein per AVS geprüfter Plattformzugang "mit seinen Porno-Sehgewohnheiten" verknüpft werde. Ein solches "Datenschutzproblem im Bekanntenkreis ist mir echt wumpe", zeigt sich Eumann, der auch die Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz leitet, erneut unbeeindruckt. Auf den Vorschlag der Mitorganisatorin des "PornFilmFestivals Berlins", pornografische Inhalte mit dem Label "FSK 18" zu versehen, mit dieser Kennzeichnung in die öffentlich-rechtlichen Mediatheken zu stellen und so aus der Schmuddelecke rauszuholen, geht er erst gar nicht ein.

Schließlich verweist Pappel noch auf Jugendschutzfilter auf Geräteebene, die etwa beim iPhone kinderleicht einzurichten seien. Trotzdem verwendeten diese bislang weniger als ein Viertel der Erwachsenen, um den Nachwuchs etwa vor Pornos fernzuhalten. Hier müsse der Staat die Gerätehersteller und die Eltern in die Verantwortung nehmen. "Wenn jemand Geld verdient, muss er haften, wenn etwas schiefgeht", sagt Eumann dazu. Die "höchste" Verantwortung hätten zwar die Erziehungsberechtigten, aber "bei ein paar Dingen greift der Staat ein".

(tiw)