Kommentar zu Apple Vision Pro: Der holprige Anfang vom Ende des iPhones

An Vision Pro ist vieles gruselig, aber die Marschrichtung dafür klar: Die Brille schlägt auf lange Sicht das Smartphone, glaubt Leo Becker.

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Mann trägt Apple Vision Pro

(Bild: Apple)

Lesezeit: 3 Min.

Einsamer Mann auf einem Sessel, Frau auf Geschäftsreise im Hotel, Mann allein mit Popcorn auf großer Couch: Apples Demovideos des neuen Headsets "Vision Pro" verbreiteten ungewollte Melancholie. Den Vogel schoss das Video eines bärtigen Headset-Trägers ab, der 3D-Videos seiner Kinder durch die riesige Skibrille anfertigte, um die Aufnahmen anschließend im virtuellen Raum wiederzugeben – natürlich allein sitzend auf einem Sofa.

Ganz allein mit dem Apple-Headset.

(Bild: Apple)

Gruselig sind fraglos die im Stil von Scherzbrillen nach außen übertragenen Augen des Headset-Trägers. Während Apple-Präsentatorinnen und Präsentatoren durch die Bank weg prominent ihre Apple Watch am Handgelenk in die Kamera hielten, als das Produkt vorgestellt wurde, ließ sich niemand auf der Keynote mit dem Headset auf der Nase ablichten – sicher kein Zufall. Klar ist, dass Vision Pro erst die Generation 0 dieser für Apple ganz neuen Produktkategorie darstellt. Der unelegante externe Akku, der an einem langen Kabel baumelt, ist dafür eines der sichtbarsten Zeichen.

Hinter all den Skurrilitäten lugt schon aber mehr hervor: Apple scheint ein entscheidender technischer Sprung gegenüber der Konkurrenz gelungen zu sein, geringe Latenz und scharfe Textdarstellung machen den virtuellen Arbeitsplatz erstmals greifbar. Zur Steuerung verlässt sich der Hersteller auf Handgesten, Augen-Tracking und Sprache, aber auch klassische Eingabegeräte werden unterstützt – von der Bluetooth-Tastatur bis zum Game-Controller.

Besonders clever: Statt am eigenen Ökosystem zu sägen, baut Apples neue Plattform in vollem Umfang auf dem bestehenden Erfolgsmodell auf. Das fängt bei den iOS-Apps an, die im virtuellen Raum erscheinen, reicht über für Entwickler vertraute APIs bis hin zum riesigen, milliardenschweren App Store.

Zum Preis von vermutlich über 4000 Euro wird Vision Pro keinen reißenden Absatz finden und unklar ist auch, wie enthusiastisch Entwickler auf die vorerst winzige Plattform aufspringen. Trotzdem: Der Anfang ist gemacht und Apple hat einen langen Atem (sowie mehr als genug Geld), um das Gerät und die Plattform Schritt für Schritt weiterzuentwickeln. Eine etwas günstigere Einstiegsversion der Vision Pro ist zweifellos schon in Arbeit.

Was jetzt noch seltsam oder gar gruselig wirkt, könnte jedenfalls der Anfang einer neuen räumlicheren Computing-Ära sein. Sollte Apple (und anderen) in den nächsten Jahren gelingen, die Technik auf die Größe einer normalen Brille zu schrumpfen, sitzt ein riesiges, flexibles Display stets auf der Nase. Spätestens dann stellt sich zwangsläufig die Frage, wofür man zusätzlich noch ein Smartphone oder Tablet herumschleppen sollte.

Vision Pro und visionOS: Technische Details zu Apples Mixed-Reality-Headset (25 Bilder)

Die gesamte Front der Vision-Pro-Brille wird von laminiertem Glas bedeckt. Der Rahmen besteht  aus leichtem Aluminium.

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(lbe)