Umfrage: Deutsche sind äußerst unzufrieden mit Mobilfunk und Festnetz

Die Unzufriedenheit mit dem Handy-Netz ist in Deutschland am größten im Vergleich mit sieben anderen europäischen Staaten. Schnelle Verbindungen: Mangelware.

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(Bild: Timofeev Vladimir/Shutterstock.com)

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"Deutschland ist Schlusslicht bei der Zufriedenheit mit Telekommunikationsnetzen". Dieses Resümee zieht die Unternehmensberatung BearingPoint aus einer für die Bevölkerung ab 18 Jahren als repräsentativ geltenden Studie, für die sie 10.850 Verbraucher aus der Bundesrepublik, Frankreich, Großbritannien, Schweden, Österreich, der Schweiz, Irland und den Niederlanden befragte. Dabei kam heraus: In Deutschland sind nur 13 Prozent der Kunden mit der Leistung ihres Mobilfunknetzes zufrieden. Bei den restlichen Befragten in den einbezogenen europäischen Ländern sind es dagegen 64 Prozent.

Nicht ganz so weit klafft die Kluft im Festnetz: Angesichts der Geschwindigkeiten und der Verfügbarkeit beim Heimanschluss sehen 58 Prozent der Nutzer in den sieben anderen Staaten keinen Grund zum Klagen, während es hierzulande nur 14 Prozent sind. Diese Abweichung steht im Einklang mit dem Zugang zu Hochgeschwindigkeitsnetzen: 17 Prozent der Befragten in Deutschland gaben an, einen Glasfaseranschluss zu nutzen. Im Durchschnitt der restlichen europäischen Länder sind es 46 Prozent.

Die glücklichsten Kunden von Telekommunikationsanbietern finden sich laut der Untersuchung, die nach einer Registrierung heruntergeladen werden kann, in den Niederlanden: Dort sind 85 Prozent mit der Leistung beim Mobilfunk und 81 Prozent mit der im Festnetz zufrieden. Irland folgt vor den fast gleichaufliegenden Ländern Schweden und Frankreich auf Rang 2 mit 76 beziehungsweise 71 Prozent. Ähnlich schlecht wie in Deutschland sind die Werte in Österreich mit 17 Prozent der Verbraucher, die im mobilen Netz keinen Grund zum Meckern sehen. Bei der Zufriedenheit mit stationären Telekommunikationsdiensten liegt die Alpenrepublik mit einer Quote von 12 Prozent auf dem allerletzten Platz.

Julius Hafer, Partner bei BearingPoint, erklärt das schlechte Abschneiden Deutschlands unter anderem "mit einem Informationsdefizit hinsichtlich der Vorteile der Technologien sowie der tatsächlichen Leistung von Telekommunikationsnetzwerken". Neue technologische Fortschritte müssten den Kunden vermittelt werden. 5G und Glasfaser seien hier keine Ausnahme. Mit 35 Prozent gibt fast jeder dritte Befragte hierzulande an, die Vorteile der neuen Mobilfunkgeneration nicht zu kennen. Eine Folge davon sei auch die fehlende Bereitschaft, für Premium-Dienste zu bezahlen.

In diesem Sinne hat der Branchenverband VATM gerade die Maxime ausgegeben, dass Haustürgeschäfte der Schlüssel seien für einen schnelleren Netzausbau. Sprich: Drückerkolonnen sollen zurückkehren.

Die Analyse zeigt für Hafer auch eindeutig: Kunden mit 5G und Glasfaserzugang seien die zufriedenere Klientel. Konsumenten erwarteten "robuste Festnetz- und Mobilfunkverbindungen". Nur 23 Prozent der deutschen Befragten nutzen aber laut eigener Aussage die 5G-Technologie. Zudem besitzen nur 17 Prozent einen Glasfaserzugang. Beide Werte liegen unter dem europäischen Durchschnitt. BearingPoint empfiehlt den Netzbetreibern, "der mangelnden Qualitätswahrnehmung von Fest- und Mobilfunknetzen" entgegenzuwirken. Die flächendeckende Einführung von 5G könne hierfür ein wichtiger Hebel sein. So begrüßten 58 Prozent der hiesigen Nutzer des neuen Mobilfunkstandards die damit verbesserte Netzwerkqualität.

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Um einen Aufpreis für 5G von Kunden verlangen zu können, müssen die Netzbetreiber laut den Beratern "überzeugende Anwendungsfelder vorlegen". In Deutschland sind 29 Prozent der Befragten bereit, für Qualitätsverbesserungen und neue Dienste tiefer in die Tasche zu greifen. Für ruckelfreies Videostreaming würden sogar 42 Prozent der Teilnehmer einen höheren Tarif akzeptieren. Auch bei Video-Telefonaten (27 Prozent) sowie Online-Gaming und Augmented/Virtual Reality mit je 21 Prozent besteht eine höhere Zahlungsbereitschaft.

Mit Argumenten wie Klimaschutz können die Betreiber dagegen offenbar hierzulande nicht wirklich Kasse machen. 42 Prozent der Befragten in Deutschland halten es für wichtig, dass sich die Anbieter auf nachhaltige Netze konzentrieren. Im Vergleich mit dem Rest der einbezogenen Staaten stellt dies einen Tiefstwert dar: Dort vertreten durchschnittlich 55 Prozent diese Ansicht. Zudem gaben 24 Prozent der hiesigen Teilnehmer an, ihr Nutzungsverhalten nicht zugunsten von mehr Nachhaltigkeit in der Telekommunikationsbranche anpassen zu wollen. In den anderen untersuchten europäischen Ländern sind hierzu nach eigenem Bekunden nur 17 Prozent nicht bereit.

"Je höher die Bandbreite, desto höher ist auch die Zufriedenheit", schloss sich ein Sprecher der Deutschen Telekom gegenüber der "Tagesschau" der Grundthese der Studie an. Daher habe der Glasfaserausbau des Bonner Konzerns nach dem jahrelangen Festhalten an der Kupfertechnik VDSL inzwischen "enorm Fahrt aufgenommen". Im laufenden Jahr wolle man drei Millionen neue Haushalten einen solchen Anschluss anbieten. Zudem kämen weitere Erhebungen zur Kundenzufriedenheit zu anderen Resultaten.

"Die Netze in Deutschland sind schon gut, aber noch nicht gut genug", lautet der ähnliche Tenor bei Vodafone. Im Mobilfunk nehme Deutschland sogar eine "weltweite Vorreiterrolle bei der Breitbandtechnologie 5G ein". Keine bisherige Mobilfunkgeneration sie "hier jemals so schnell ausgerollt" worden. Auch der Telekom-Konkurrent räumt aber ein, dass aufgrund der nach wie vor steigenden Nachfrage nach Daten um jährlich über 30 Prozent weitere Investitionen in den Netzausbau folgen müssten.

Laut dem aktuellen Jahresbericht der Bundesnetzagentur nahm die Verbreitung aktiver, also tatsächlich gebuchter Glasfaseranschlüsse bis zum Jahresende 2022 langsam, aber sicher auf prognostizierte 3,4 Millionen zu. Das sind rund 800.000 mehr als der Bestand Ende 2021. Der Anteil der gebuchten Leitungen mit der Lichtwellenleiter-Technik an den gesamten aktiven Breitbandanschlüssen in Festnetzen ist so gegenüber dem Vorjahr von 7,1 auf 9,1 Prozent bis Dezember 2022 gestiegen. Im OECD-Vergleich ist das weiter sehr niedrig. Die vergleichsweise geringe Glasfaserquote liegt der Regulierungsbehörde zufolge auch am hohen Versorgungsgrad mit bestehenden Infrastrukturen wie VDSL-Vectoring und Kabelnetzen.

(tiw)