Blinde Menschen protestieren gegen Vodafone

Durch den Beschluss Vodafones, die Navigationslösung Wayfinder einzustellen, fühlen sich blinde und sehbehinderte Menschen im Stich gelassen, denn Wayfinder gehört zu den wenigen barrierefreien GPS-Anwendungen. Nun protestieren sie per Online-Petition.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Per Busch

Nachdem Vodafone Ende 2008 die auf Navigationslösungen für Handys spezialisierte schwedische Firma Wayfinder Systems übernommen hatte und diese nun wegen Konkurrenz durch kostenlose Angebote von Nokia und Google schließt, wenden sich blinde und sehbehinderte Menschen aus der ganzen Welt nun in einer Online-Petition an Vodafone.

Darin geht es um Wayfinder Access, eine speziell auf die Bedürfnisse blinder Menschen angepasste Version des Wayfinder Navigator. Sie läuft auf Symbian-Handys von Nokia und lässt sich dank veränderter Benutzeroberfläche und spezieller Features gut mit sogenannter Screenreader-Software blind zur Orientierung und Navigation nutzen. Ein blinder Fußgänger kann beispielsweise herausfinden, wo er sich gerade befindet, welche Seitenstraße er kreuzt oder welche "Points of Interests" sich in der Nähe befinden. Im Auto können sich blinde und sehbehinderte Beifahrer damit nützlich machen, indem sie ihren Fahrern hilfreiche Informationen zur Route oder nächsten Tankstelle ansagen.

In der Petition wird Vodafone nun unter anderem aufgefordert, eine öffentliche Erklärung zu Wayfinder Access abzugeben und den Betrieb notwendiger Server zu garantieren. Über 1600 Unterzeichner aus aller Welt haben sich mittlerweile eingetragen und viele lesenswerte Kommentare hinterlassen. Vodafone hat inzwischen erklärt, die Server nur bis April 2011 zur Verfügung zu stellen. Unklar ist auch, ob Vodafone den Kunden des bis zu 400 Euro teuren Wayfinder Access eine Entschädigung zahlen wird – viele hatten eine Lifetime-Lizenz erworben.

Blinde Navigationsexperten nutzen neben Wayfinder Access oft auch noch das Open-Source-Tool Loadstone-GPS, das von blinden Programmierern für blinde Symbian-Nutzer entwickelt und kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Nach dem Aus für Wayfinder Access ist Loadstone-GPS nun die einzig barrierefrei zu bedienende GPS-Software für Nokia-Geräte. Aufgrund der technischen Komplexität und fehlender Projekt-Ressourcen können viele Interessierte Loadstone-GPS momentan aber nicht oder nur unzureichend einsetzen. Sponsoring oder eine professionelle Unterstützung des Projekts könnte diese Problematik lösen und so helfen, die Mobilität und damit auch die Lebensqualität der weltweit betroffenen Menschen zu verbessern.

Blinde Menschen haben es bei der Wahl des mobilen Betriebssystems und des richtigen Handys wesentlich schwerer als ihre sehenden Mitbürger, da sie von gut funktionierenden und bis zu 300 Euro teuren Screenreadern und der Blindbedienbarkeit des Mobil-Gerätes abhängig sind. Für viele war die Existenz von zwei GPS-Applikationen, zwei Screenreader-Anbietern und taktil gut bedienbaren Geräten ein entscheidendes Kaufkriterium für Symbian-Geräte. Zunehmendes Interesse erweckt das iPhone 3GS aufgrund des ins Betriebssystem integrierten Screenreaders VoiceOver. Zahlreiche Apps erlauben hiermit auch Nicht-Sehenden, Informationen über ihre Umgebung zu erhalten. Zur Navigation mit gesprochener Routenführung wird momentan gerne die iPhone-App Mobile Navigator von Navigon eingesetzt, da hier die meisten Funktionen auch mit eingeschaltetem VoiceOver bedienbar sind. Es bleibt abzuwarten, ob dies auch für die bald von T-Mobile kostenlos für seine deutschen Kunden angebotene Variante Navigon Select Telekom Edition gelten wird.
(jow)