"TopSpin 2K25" zeigt, warum moderne Sportspiele schrecklich sind

Auf dem Court macht "TopSpin 2K25" alles richtig, doch des Publishers Profitlust ist allgegenwärtig. Über den bedauernswerten Zustand der Sportsimulationen.

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Screenshot aus "TopSpin 2K25" zeigt Tennisspieler

Was in "TopSpin 2K25" auf dem Court passiert, ist großartig. Leider wurde darum ein Spielmodus gestrickt, der stark zum Geldausgeben anregt.

(Bild: heise online)

Lesezeit: 5 Min.

An dieser Stelle könnte eine glühende Empfehlung für "Topspin 2K25" stehen: Auf dem Court kann man sich eine bessere Tennissimulation kaum vorstellen. 13 Jahre nach dem Release von "Top Spin 4" liefert "Topspin 2K25" von Entwickler Hangar 13 und Publisher Take-Two ein mitreißendes und flüssiges Spielgefühl, das den Spagat zwischen Realismus und Unterhaltung gemeistert hat wie Roger Federer seine Vorhand.

In diesen 13 Jahren haben sich aber nicht nur der Sport und die Technik verändert, sondern auch die Gepflogenheiten der Branche. Sportspiele, die fast ausschließlich von Electronic Arts und Take-Two vertrieben werden, sind heute Freiwild mit der Lizenz zum Gelddrucken: Die Frechheiten, die "FIFA", "NBA 2K" und Co. seit Jahren unverhohlen ausleben, würden den Entwicklern anderer Genres regelrechte Community-Rebellionen bescheren. Man erinnere sich nur an das Geschrei, als EA die in "FIFA" schon seit Urzeiten gehegten Lootboxen erstmals in "Star Wars: Battlefront" einbauen wollte.

Raubtierhafte Geschäftsmodelle gibt es auch in anderen Genres. Die oftmals jungen Fans von Sport-Spielen werden aber besonders dreist an der Nase herumgeführt. Teilweise nimmt das geradezu absurde Auswüchse an: EA pflegt in den sozialen Medien liebevoll eine Influencer-Schar, deren einzige Aufgabe darin besteht, Lootboxen in "FIFA" und "EA Sports FC" zu öffnen und dazu möglichst grenzdebile Grimassen für ihr leicht zu beeindruckendes Publikum zu schneiden. Und Take-Two hat tatsächlich das Kunststück vollbracht, virtuelle Casinos in den Karrieremodus seiner "NBA 2K"-Spiele einzubauen.

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Dagegen ist "Topspin 2K25" noch vergleichsweise harmlos. Weil das Tennisspiel im Gegensatz zu "FIFA" und "NBA 2K" aber keine jahrzehntelangen "Altlasten" mit sich bringt, kann man hier hervorragend beobachten, wo bei der Entwicklung eines neuen Sportspiels die Prioritäten liegen. "Topspin 2K25" ist praktisch eine Fallstudie für all das, was moderne Sportspiele so schrecklich macht. Während "EA Sports FC", "Madden" und "NBA 2K" nämlich noch mikrotransaktionsfreie Karrieremodi aus früheren Zeiten mit sich herumschleppen, wurde "Topspin 2K25" aus dem Stand ohne einen solchen Modus entwickelt. Der Einzelspieler-Karrieremodus der Tennissimulation, der einzige Spielmodus mit einem Mindestmaß an Tiefgang, steht so vollends im Zeichen der Virtual Currency (VC), die man gegen echtes Geld im Store kaufen kann, soll und eigentlich auch muss.

Zur Kasse, bitte: 500 VC kosten 5 Euro, 16.000 VC gibt es für schleuderbepreiste 100 Euro.

(Bild: heise online)

Wer den wimbledonschen Rasen nicht mit willkürlich zusammengewürfelten Klamotten aus dem nächstgelegenen Second-Hand-Store betreten möchte, braucht VC. Für umgerechnet 5 Euro gibt es drei Paar Tennissocken. Wer seine Attribute schneller hochleveln möchte, braucht VC. Wer seine Attribute nachträglich verändern will, braucht VC. 2700 VC, also 20 Euro, kostet das. Wer mit Trainern besondere Fähigkeiten freischalten möchte, braucht VC.

Man muss sogar VC ausgeben, um in Turnieren überhaupt eine faire Chance zu haben. Die Ausdauer der Spielfigur ist stark begrenzt und tendiert nach wenigen Spielen schon gefährlich gegen null – wer sich für längere Wettbewerbe wappnen möchte, muss Häuser kaufen und Physiotherapeuten anheuern, die es nur gegen VC gibt. Weil die Physio-Verträge nach ein paar Monaten auslaufen, müssen sie immer wieder neu engagiert und bezahlt werden. Spurenelemente von VC kann man zwar auch während des normalen Spielens freischalten, große Sprünge macht man damit aber nicht. Wer schneller Spaß haben will, soll eben Geld ausgeben.

Ergänzt wird diese mehr oder weniger versteckte Zahlungsaufforderung noch von einem Season Pass, der in modernen Spielen aus der Konsumhölle auf keinen Fall fehlen darf. Hier schaltet man durch regelmäßiges Spielen Animationen, Boosts und unterschiedlich hässliche Farbvarianten der immer gleichen Shorts und Shirts frei. Wer alle Belohnungen eines Season Passes entsperren möchte, möge bitte 10 Euro auf den Tisch legen. Dabei ist "Topspin 2K25" mit einem Preis von mindestens 60 Euro angesichts des noch mauen Spielumfangs ohnehin schon recht teuer.

Ach ja: Damit findige PC-Spieler nicht auf die Idee kommen, im Hintergrund an den Spieldateien herumzufummeln und so den Kaufdruck auszuhebeln, erfordert der Einzelspieler-Karrieremodus von "Topspin 2K25" eine dauerhafte Internetverbindung. Blöd natürlich, wenn die Spielserver direkt am ersten Samstag nach Release ausfallen, sodass kein Mensch mehr spielen kann. Das alles grenzt an Sabotage der guten Arbeit, die an anderer Stelle geleistet wurde.

Schade also um dieses tolle Tennis-Spiel, und schade auch um all die anderen (Sport)-Spiele. Ändern wird sich nichts – dafür funktioniert die Masche viel zu gut.

(dahe)