Hürdenlauf

Die Breitbandanbieter ändern ihre Angebote ständig. Für den Kunden wird es damit immer schwieriger, das für ihn beste Angebot aus der unübersehbaren Zahl von Tarifen und Zusatzoptionen herauszufiltern. Wer sich die Zeit für eine sorgfältige Analyse nimmt, kann erheblich sparen und die Tarif-Fallen umgehen, die die Anbieter aufgestellt haben. Der Wechsel zahlt sich trotz der damit verbundenen Mühe oft aus.

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Von
  • Urs Mansmann

Einer Umfrage zufolge will derzeit jeder dritte DSL-Kunde seinen Provider wechseln. Unzufrieden ist rund die Hälfte der Kunden; die meisten davon wegen des Preises und wegen technischer Probleme. Vermutlich halten die unübersichtlichen Angebote und der mögliche Ärger beim Wechsel derzeit viele Unzufriedene von einem Umstieg ab. Der Vergleich von Breitband-Angeboten ist tatsächlich ein mühsames Geschäft. Zwar geht der Trend dahin, die Angebote modular aufzubauen, die große Zahl der Optionen macht die so gewonnene Übersichtlichkeit aber zum Teil wieder zunichte.

Einige der Zusatzleistungen sind indes mit Vorsicht zu genießen, etwa die E-Mail-Adresse. Die dient vor allem der Kundenbindung, denn nach Ende des Vertrags lässt sie sich nicht zu einem anderen Anbieter mitnehmen. Mit einer kostenlosen E-Mail-Adresse eines unabhängigen Anbieters macht man sich davon unabhängig.

Die Daten der Telekom, wie lang eine Leitung ist und welche Qualität sie aufweist, sind für die Telekom-Konkurrenten verfügbar; sie wissen also genau, was sie dem Kunden anbieten können. Die versprochenen 16 MBit/s erhält man so gut wie nie, weil dazu eine extrem kurze Leitung erforderlich wäre. Besser sieht es aus, wenn man weniger Bandbreite bestellt hat. Die Telekom verhält sich geradezu vorbildlich, denn sie sichert bei Bandbreiten von 6 MBit/s und darunter jedem Kunden vorab verbindlich eine bestimmte Geschwindigkeit zu. Die sie dann allerdings auch niemals überschreitet, selbst wenn die Leitung mehr hergäbe. 1&1 sichert zwar im Kleingedruckten keine Mindestleistung zu, räumt aber in der Praxis dem Kunden ein Rücktrittsrecht oder die Option zum Wechsel in einen günstigeren Tarif ein, wenn die Leistung deutlich unter der Zusage bleibt. So halten das inzwischen auch andere Anbieter; in der c’t-Redaktion treffen kaum mehr Klagen über nicht eingehaltene Bandbreitenzusagen ein.

Angebote mit 2 MBit/s im Downstream finden sich kaum noch. Denn für den Provider macht es vom Installationsaufwand und von den laufenden Kosten her keinen Unterschied, ob er einen Anschluss mit 2 oder 6 MBit/s bereitstellt. Lediglich das tatsächlich übertragene Datenvolumen treibt die Kosten nach oben. Ob ein Download 30, 10 oder drei Minuten dauert, ist indes vollkommen egal. Dass schnellere Anschlüsse etwas teurer sind, ist hauptsächlich dem Umstand geschuldet, dass sich darüber pro Abrechnungszeitraum mehr Daten übertragen lassen.

Selbst für Wenignutzer und Nur-Surfer ist ein 2-MBit/s-Anschluss inzwischen recht langsam. Grafisch aufwendig gestaltete Seiten umfassen häufig 0,5 bis 1,5 Megabyte, in vielen Fällen kommen noch Werbung oder animierte Inhalte hinzu, die das Volumen weiter aufblasen. Mit einem 2-MBit/s-Anschluss dauert alleine der Download einer solchen Seite bereits zwei bis sechs Sekunden. Die Wartezeiten, die sich im Laufe einer Internet-Sitzung addieren, mindern den Spaß erheblich. Auch für Updates oder den Download von Software ist ein 2-MBit/s-Anschluss sehr langsam: 100 Megabyte zu übertragen, dauert bereits im Idealfall fast sieben Minuten.

Schon für Otto Normalverbraucher verspricht also ein 6-MBit/s-Anschluss einen spürbaren Zeit- und Komfortgewinn. Je intensiver die Nutzung, desto deutlicher fällt der Vorteil aus. Der Preisunterschied ist indes minimal, 2- und 6-MBit/s-Anschlüsse unterscheiden sich vom Grundpreis her kaum.

Bei höheren Geschwindigkeiten wird der Vorteil geringer. Denn jenseits der 6-MBit/s-Marke verkürzen sich die Ladezeiten von Webseiten in der Praxis kaum mehr. Erst bei großen Downloads kann ein 16-MBit/s-Anschluss seine Vorteile ausspielen. Noch höhere Geschwindigkeiten, etwa 32 MBit/s bei den TV-Kabel- und 50 MBit/s bei den VDSL-Angeboten bringen für Webseiten- oder E-Mail-Abrufe keine spürbaren Geschwindigkeitsgewinne mehr. Nur wenn große Datenmengen übertragen werden, kann man die Bandbreite solch schneller Anschlüsse überhaupt noch ausnutzen. Oft muss man obendrein noch einen Download-Beschleuniger einsetzen, der mehrere Ladevorgänge parallel startet, um den Anschluss tatsächlich voll auszureizen, denn viele Server liefern weniger, als die Anschlussleitung hergäbe.

Mit einer Entscheidung für die richtige Geschwindigkeitsklasse lässt sich also viel Geld sparen. Die meisten Einzelnutzer sind derzeit mit einem 6-MBit/s-Anschluss bestens ausgerüstet, für ambitionierte Anwender oder Familien mit mehreren PCs kommen auch 16, 25 (VDSL-Angebote) oder 32 MBit/s (TV-Kabel) in Frage. Höhere Geschwindigkeiten von 50 (VDSL), 60 oder gar 100 MBit/s (TV-Kabel) mit teilweise erheblichen Mehrkosten empfehlen sich nur in Ausnahmefällen mit erhöhtem Bedarf, etwa wenn die IP-Verbindung auch für HDTV-Übertragungen herhalten soll oder wenn eine Wohngemeinschaft von IT-Studenten einen gemeinsamen Zugang nutzen will.

Über den Downstream sollte man nicht den Upstream vergessen. Der kommt beim Versand von Dateien zum Tragen, etwa wenn man Urlaubsfotos ins Fotoalbum oder zum Fertigen von Abzügen hochlädt. Hier liegt VDSL derzeit klar vorne; bis zu 10 MBit/s sind dort verfügbar. Der Inhalt einer einlagigen DVD lässt sich damit in gut einer Stunde übertragen. Bei 1 MBit/s Upstream, dem Standard für 16-MBit/s-Anschlüsse, dauert der Vorgang bereits zehn Stunden, mit den 256 kBit/s eines typischen 2-MBit/s-Anschlusses ist man damit 40 Stunden zugange.

Mehr Infos

Rasante Internet-Zugänge

Artikel zum Thema "Rasante Internet-Zugänge" finden Sie in der c't 09/2010:

  • Breitband-Tarife im Vergleich - Seite 140
  • So klappt der Anschlusswechsel problemlos - Seite 148

Den vollständigen Artikel finden Sie in c't 9/2010. (uma)