Britisches Unterhaus verabschiedet Gesetz zu Internetsperren

Mit 189 zu 47 Stimmen haben die Abgeordneten den Entwurf für ein "Digital Economy Bill" verabschiedet. Er sieht neben der Einrichtung eines Systems der "abgestuften Erwiderung" auf Copyright-Verletzungen auch Websperren vor.

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Mit 189 zu 47 Stimmen haben die Abgeordneten im Britischen Unterhaus in der Nacht zum heutigen Donnerstag den Entwurf für ein "Digital Economy Bill" mit ein paar letzten Modifikationen verabschiedet. Von insgesamt 650 Volksvertretern waren zur entscheidenden 3. Lesung nur 236 anwesend. Vor allem die oppositionellen Liberalen votierten gegen das Vorhaben, das ihrer Ansicht nach die Blockade auch von Whistleblower-Plattformen wie Wikileaks oder von Videoseiten wie YouTube erlaubt. Die Konservativen unterstützten die Regierungsinitiative mehrheitlich, um den Urheberrechtsschutz im Internet zu verbessern. Bei ihnen gab es fünf Abweichler von der Fraktionslinie. In der Labour-Fraktion wandten sich 23 Abgeordnete gegen den Vorstoß der eigenen Regierung.

Die Abstimmung folgte trotz großer Proteste von Bürgerrechts- und Wirtschaftsorganisationen prinzipiell dem mit den Tories im Rahmen der verkürzten 2. Lesung ausgehandelten Kompromiss. Gestrichen wurde eine Klausel, die einfachere Lizenzierungsmöglichkeiten für "verwaiste" Werke ohne klar auszumachenden Urheber vorsah. Gegen diese hatten sich vor allem Fotografen-Vereinigungen gewandt. Die Konservativen rangen Labour zudem das Versprechen ab, die in einem anderen Gesetz vorgesehene Breitbandsteuer in Höhe von 6 Pfund pro Jahr und Telefonanschluss zu streichen.

Erhalten blieb dem Digital Economy Bill eine Bestimmung, mit dem in Großbritannien ein System der "abgestuften Erwiderung" auf Copyright-Verletzungen eingeführt werden kann. Nach mehreren Warnhinweisen sollen bei wiederholten Rechtsverstößen nach einer einjährigen Übergangsfrist "technische" Sanktionen greifen, die von der Drosselung der Zugangsgeschwindigkeit bis zu einem zeitweiligen Kappen der Netzverbindung reichen.

Neben diesem Absatz zu Internetsperren enthält der leicht überarbeitete Entwurf eine Klausel zu Websperren. Den zunächst dafür vorgesehenen Artikel 18 zog die Regierung zwar zurück. Im Gegenzug änderte die Mehrheit der Abgeordneten Artikel 8 so ab, dass damit gerichtlich eine Blockade von Webseiten angeordnet werden kann, wenn deren Inhalte Urheberrechte verletzen und "schwere schädliche Auswirkungen auf Unternehmen oder Verbraucher" haben. Diese Bestimmung steht noch unter dem Vorbehalt einer öffentlichen Konsultation und einer erneuten parlamentarischen Prüfung nach den für Anfang Mai anberaumten Neuwahlen.

Der Entwurf wird am Abend noch einmal im Oberhaus behandelt, was aber als Formsache gilt. Mit der Unterschrift von Königin Elisabeth II. kann das Gesetz dann in Kraft treten. (anw)