re:publica: Geplantes Leistungsschutzrecht macht Blogger ratlos

Die Vorstellungen von Zeitungs- und Zeitschriftenverlegern nach einer Ausweitung des Schutzes von Presseerzeugnissen im Internet führten allein "zu wilden Spekulationen und unergiebigen Debatten", hieß es auf der Netzkonferenz.

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Auch nach Monaten der Fachdebatte über ein neues Leistungsschutzrecht tappt die Bloggerszene und Internetgemeinde bei dem im schwarz-gelben Koalitionsvertrag umrissenen Vorhaben im Dunkeln. Was bisher zu den Vorstellungen von Zeitungs- und Zeitschriftenverlegern nach einer Ausweitung des Schutzes von Presseerzeugnissen im Internet nach außen gedrungen sei, führe allein "zu wilden Spekulationen und unergiebigen Debatten", sagte Matthias Spielkamp vom Urheberrechtsportal iRights.info am Freitag auf der Konferenz re:publica in Berlin. Befürchtungen von Bloggern, dass das Zitatrecht ausgehebelt und auch sie zur Kasse gebeten werden könnten, seien derzeit genauso wenig auszuräumen wie Gedankenspiele über eine neue PC-Pauschalabgabe für die "kommerzielle Nutzung" digitaler Verlagsinhalte.

Ursache für das Stochern im Nebel ist laut Spielkamp, dass die Verleger derzeit selbst nicht sagen könnten, wie "ihr" Leistungsschutzrecht aussehen solle. Man höre dazu nur immer wieder von den Befürwortern der Initiative, deren Notwendigkeit bislang nicht ausreichend diskutiert worden sei, dass noch kein Gesetzesentwurf vorliege. Das Perfide an diesem Hinweis, ergänzte Kai Schächtele vom Verband Freischreiber, sei, dass die Verlage selbst aufgefordert worden seien, einen konkreten Gesetzestext zu formulieren. Ihm fehle zudem der Glaube daran, dass Einnahmen über das Leistungsschutzrecht "tatsächlich bei den Journalisten ankämen". Die Vereinigung freier Autoren hatte jüngst kritisiert, dass sich die Verlage gern als Hüter des Qualitätsjournalismus' aufspielten, aber nicht bereit seien, dies im Umgang mit den Freien umzusetzen und diese angemessen zu bezahlen.

Für die Hamburger Kulturwissenschaftlerin und Journalistin Meike Richter ist das Kernproblem, dass mit Journalismus zwar noch "viel Geld verdient" werde, dieses aber nicht immer bei den Verlagen oder den Autoren lande. Viel bleibe bei Suchfiltern und Nachrichten-Aggregatoren wie Google News hängen. Ihre Forderung nach einer Zwangsabgabe für den Suchmaschinenriesen wollte Richter aber nicht mehr aufrechterhalten. Wichtig sei ein "Maßnahmen-Mix", der auch die freiwillige Unterstützung journalistischer Projekte oder "Stipendien für Blogger" von Firmen einschließen könne.

Den eigentlichen Hintergrund der Verlegerforderungen sieht Robin Meyer-Lucht vom Weblog-Kollektiv Carta nach wie vor im Streit um die sogenannten "Snippets", Zusammenfassungen von Texten bei Links in Suchmaschinen und Aggregatoren. Möglichkeiten zur Verlinkung und zur fairen Nutzung kurzer Ausschnitte seien aber "fundamental wichtig für das Internet". Es sollte daher kein "branchenweiter Snippet-Tarif" eingeführt werden. Tatsache sei aber auch, dass für die Produktion von Inhalten im Netz deutlich weniger Geld aufgrund niedrigerer Werbeeinnahmen zur Verfügung stehe als in den klassischen Medien. Auswege aus diesem Dilemma könnten eine günstigere Produktionsweise oder der Versuch sein, Leser direkt zur Inhaltefinanzierung etwa über Micropayment-Systeme wie Flattr zu bewegen. (pmz)