Privacy-Beschwerde: Noyb geht gegen Mozillas Tracking-Funktion in Firefox vor

Die Bürgerrechtsorganisation Noyb wirft Mozilla vor, stillschweigend eine "angebliche Datenschutzfunktion" für Werbemessungen in Firefox aktiviert zu haben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 30 Kommentare lesen
Firefox-Symbol auf einem Smartphone. Hintergrund ist lila.

Seit Version 128 gibt es in Firefox ein Tracking-Feature. Die Datenschützer von Noyb haben Beschwerde eingelegt.

(Bild: David Esser/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die von Max Schrems gegründete zivilgesellschaftliche Organisation Noyb hat Beschwerde gegen Mozilla bei der österreichischen Datenschutzbehörde eingelegt. Grund ist eine neue Funktion in Firefox für das angeblich datenschutzfreundliche Ausspielen von Werbung. Die Aktivisten wittern in dem "Privacy-Preserving Attribution" (PPA) genannten Verfahren einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Im Gegensatz zu ihrem "vertrauenerweckenden Namen" könne Firefox mit der Technologie das Verhalten von Nutzern verfolgen, moniert Noyb. Im Kern übernehme nun eben der Browser das Tracking – nicht mehr einzelne Webseiten-Betreiber. Dies möge zwar "eine Verbesserung gegenüber dem noch invasiveren Cookie-Tracking sein". Die Nutzer seien aber nie gefragt worden, ob sie PPA aktivieren wollen.

Mozilla habe die Funktion bei der Installation des Software-Updates auf Version 128 standardmäßig aktiviert. Dies sei besonders besorgniserregend, da der Browser-Hersteller "im Allgemeinen den Ruf hat, eine datenschutzfreundliche Alternative" insbesondere zu Google Chrome zu sein. Trotzdem finde sich nicht einmal in Mozillas Datenschutzrichtlinien ein Hinweis auf die neue Funktion. Die einzige Möglichkeit für Nutzer, diese zu deaktivieren, bestehe darin, sie in einem Untermenü der Browser-Einstellungen – unter Werbemessungen – zu finden und zu deaktivieren. "Irritierenderweise" habe ein Mozilla-Entwickler diesen Schritt damit gerechtfertigt, dass die Nutzer "ohnehin keine informierte Entscheidung" rund um personalisierte Werbung mehr treffen könnten.

Herzstück von PPA ist ein Aggregationsserver, der zwischen Werbeanbietern und den Daten der Anwender steht. Er soll die Informationen der individuellen Webbrowser anonymisieren. Erst dann stellt die Zwischeninstanz die aggregierten Daten den teilnehmenden Werbekunden zur Verfügung. "Anstatt herkömmliche Cookies zu platzieren, müssen Websites Firefox bitten, Informationen über die Werbeinteraktionen der Nutzenden zu speichern", erläutert Noyb die Idee. "Im Anschluss erhalten sie dann die zusammengefassten Daten mehrerer Personen." Einen ähnlichen Ansatz habe Google mit der nicht weniger umstrittenen und aktuell nicht mehr verfolgten Privacy Sandbox entwickelt. Letztlich ersetzt PPA den Bürgerrechtlern zufolge herkömmliche Cookies nicht. Sie stelle vielmehr eine zusätzliche Möglichkeit für Online-Portale dar, gezielte Werbung zu schalten und zu messen.

"Mozilla mag zwar gute Absichten gehabt haben", bewertet Felix Mikolasch, Datenschutzjurist bei Noyb, den Fall. Es sei aber unwahrscheinlich, dass PPA andere Tracking-Tools vom Markt fegen werde. Es handele sich daher nur um ein neues, zusätzliches Instrument zum Sammeln von Daten und das Erstellen von Profilen. Ein "Trauerspiel" ist es für den Experten, dass Mozilla die Firefox-Nutzer sogar für zu dumm halte, "um sich zwischen Ja und Nein zu entscheiden". Diese sollten eine Wahl treffen können. Die Funktion hätte standardmäßig deaktiviert sein müssen. Die angerufene Datenschutzbehörde soll Noyb zufolge unter anderem dafür sorgen, dass das US-Unternehmen alle unrechtmäßig verarbeiteten Nutzerdaten löscht.

Mozilla hat bislang versucht, den schwarzen Peter an die Werbeindustrie weiterzugeben, die das Internet in ein Überwachungsnetzwerk verwandelt habe. Firefox-CTO Bobby Holley hatte dazu gesagt, die PPA-Funktion sei unter diesen Umständen eine pragmatische Lösung mit dem Ziel des Absicherns der Privatsphäre der Anwender.

(kst)