Innenministerium macht Vorstoß zu Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz

Laut dem Entwurf für ein Beschäftigten-Datenschutzgesetz sollen einheitliche Regeln für Videoüberwachung, den Einsatz biometrischer Verfahren und von Ortungssystemen sowie die Telekommunikationsnutzung am Arbeitsplatz geschaffen werden.

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Das Bundesinnenministerium will bestehende Lücken im Datenschutz für Arbeitnehmer schließen und umfassende Regelungen zur Sicherung der Privatsphäre am Arbeitsplatz schaffen. Das ist dem Referentenentwurf und dem Eckpunktepapier der Regierungsbehörde für ein Beschäftigten-Datenschutzgesetz zu entnehmen, die heise online vorliegen. Das Innenministerium will mit dem Vorhaben die "Grundprinzipien der Transparenz und Erforderlichkeit" festschreiben. Daten, die für den Zweck, zu dem sie erhoben wurden, nicht mehr erforderlich sind, sollen gelöscht werden müssen. Das Vorhaben soll im Gegensatz zu Initiativen aus der Opposition mit der Einfügung eines neuen Unterabschnitts in das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) umgesetzt werden.

In Einstellungsgesprächen soll laut dem Entwurf das Fragerecht des Arbeitgebers gesetzlich auf Informationen beschränkt werden, die nötig sind, um die Eignung des Bewerbers festzustellen. Bei einem Gespräch zur Anstellung eines Möbelpackers sei das Interesse nach einer Rückenerkrankung sicher eher zulässig als nach dem einer bereits erfolgten psychologischen Behandlung, heißt es im Eckpunktepapier. Ähnlich sollen gesundheitliche Untersuchungen oder Prüfungen gehandhabt werden, die zudem nur mit Einwilligung des Betroffenen durchgeführt werden dürften. Die Analyse von Blutproben wäre nur erlaubt, wenn der Beschäftigte bei seiner vorgesehenen Tätigkeit gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt sei und beispielsweise mit allergenen Stoffen in Kontakt käme. Auch der Schutz Dritter könne eine Blutuntersuchung erfordern. "Nicht routinemäßig" dürfte auf Alkohol- oder Drogenabhängigkeit getestet werden.

Nicht öffentlich zugängliche Betriebsstätten sollen nur videoüberwacht werden dürfen, wenn wichtige betriebliche Interessen gewahrt werden müssen. Heimlich dürften elektronische Augen nur bei konkreten Verdachtsfällen angebracht werden. In Betriebsräumen, die überwiegend zur privaten Lebensgestaltung von Beschäftigten dienen wie etwa Aufenthaltsräume von Krankenschwestern, soll die Installation von Überwachungskameras tabu sein. Die Erhebung von Beschäftigungsdaten durch Ortungssysteme wie GPS soll nur während Arbeits- und Bereitschaftszeiten "zur Sicherheit" oder erlaubt sein, um Beschäftigte zu koordinieren. Bei der Diebstahlsicherung etwa von Autos wäre eine "personenbezogene" Lokalisierung unzulässig.

Biometrische Merkmale eines Beschäftigten soll der Arbeitgeber elektronisch nur erheben und verwenden dürfen, soweit dies aus betrieblichen Gründen zu Autorisierungs- und Authentifikationszwecken erforderlich ist und keine schutzwürdigen Belange des Beschäftigten entgegenstehen. Zugangskontrollsysteme, die mit einem Abgleich etwa von Fingerabdrücken arbeiten, wären so weiter einsetzbar.

Die Nutzung von Telefon, E-Mail und Web soll der Arbeitgeber zur Gewährleistung des ordnungsmäßigen Betriebs, zu Abrechnungszwecken sowie zur Korruptionsbekämpfung "im erforderlichen Maß" kontrollieren dürfen. Dabei seien "berechtigte schutzwürdige Interessen" von Arbeitnehmern zu berücksichtigen. Inhalte von Telefonaten sollen besonders geschützt werden. Wenn die Web-Nutzung nur zu beruflichen Zwecken erlaubt sei, dürfte der Arbeitgeber das Nutzungsverhalten ohne Anlass "nur stichprobenhaft" unter die Lupe nehmen, um etwa den Abruf "verbotener Inhalte" feststellen zu können.

In Betriebs- beziehungsweise Dienstvereinbarungen oder Tarifverträgen sollen wie bisher eigenständige Grundlagen und Einschränkungen für eine zulässige Datenerhebung und -verwendung im Beschäftigungsverhältnis vorgesehen werden können. Die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten würden durch die Neuregelungen nicht beeinträchtigt.

Das Innenministerium verweist auf Vorfälle in den vergangenen Jahren, die in der Öffentlichkeit stark diskutiert wurden – "etwa in Unternehmen wie Lidl oder der Deutschen Bahn". Es gebe zwar in diesem Bereich bereits viele einzelfallbezogene Urteile der Arbeitsgerichte. Diese seien aber oft uneinheitlich und obergerichtliche Entscheidungen selten. Soweit bereits spezielle Vorkehrungen vorhanden seien, fänden sich diese verstreut über verschiedenste Gesetze wie zur Betriebsverfassung, der Telekommunikation oder zu Telemedien. Die Regierungsparteien hätten sich daher im Koalitionsvertrag darauf verständigt, den Beschäftigtendatenschutz in einem eigenen Kapitel im BDSG zu stärken. Nach der Abstimmung mit den anderen Ressorts soll ein Kabinettsbeschluss bis zur Sommerpause erfolgen. (anw)