Wirtschaftsministerium startet Umfrage zu Softwarepatenten

Berlin erhofft sich durch die Studie "Aufklärung" über noch wesentliche offene Punkte für die Brüsseler Gesetzgebung, während immer mehr Wirtschaftsforscher vor einer Ausweitung des geistigen Eigentums auf Software warnen.

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Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine Umfrage zur stark umkämpften Thematik Softwarepatente gestartet. Mit der Untersuchung, die unter dem etwas sperrigen Titel "Wechselwirkung von Patentschutz, Wettbewerb und Interoperabilität" steht, erhofft sich das Ressort "Informationen zur Aufklärung eines wesentlichen, noch offenen Punktes bei den laufenden Verhandlungen" über die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen". Die Fragebogenaktion, die von den Fachbereichen Informatik und Wirtschaftsrecht der Fachhochschule Gelsenkirchen durchgeführt wird, dreht sich allerdings nicht nur um die auch in Brüssel umstrittene Frage, ob patentgeschützte Software für die Konvertierung oder den Datentausch umgangen werden können soll. Vielmehr deckt sie in sechs Komplexen auch allgemeine Fragen zu Softwarepatenten sowie Punkte wie zu erwartende Behinderungen für die Programmiertätigkeit oder den Bereich Lizenzpolitik ab.

Beteiligen können sich alle Firmen aus der IT-Branche, unabhängig von ihrer Größe. "Das ist kein 'Closed Shop'-Verfahren", erklärte Andreas Müglich, Professor für Wirtschaftsrecht an der FH, gegenüber heise online. "Wir wollen ein möglichst breites Spektrum abdecken." Zunächst seien die Fragebögen über eine Reihe von IT-Verbänden vom Bitkom bis zum Linux-Verband verteilt worden. Es sei aber auch geplant, sie von Montag an über die Startseite des Wirtschaftsministeriums offiziell verfügbar zu machen. Angesichts der Kurzfristigkeit der Aktion -- die Bögen müssen bis zum 29. Juli an die Hochschule zurückgeschickt werden -- rechnet der Professor mit nicht mehr als etwa 100 Rückläufen. Die Auswertung soll bis Anfang September erfolgen, um noch "Material für die Diskussion rund um die EU-Richtlinie zu liefern und gegebenenfalls auch Schmerzgrenzen auszutesten", betont Müglich. Es gehe um die Dokumentation eines Stimmungsbildes auf nationaler Ebene.

Die EU-Kommission hatte im Jahr 2000 vor der Erarbeitung ihres Richtlinienvorschlags selbst bereits einen Konsultationsprozess zum Monopolschutz für "computerimplementierte Erfindungen" durchgeführt. Ungefähr 1450 Stellungnahmen gingen ein. Die Gruppe der Softwarepatent-Gegner dominierte dabei mit 91 Prozent deutlich. Die Auswerter der Studie fanden allerdings trotzdem einen Dreh, in dem eigentlich klaren Ergebnis einen Ansatz für eine Ausweitung des Patentsystems zu sehen: Stelle man die "Wirtschaftskraft" und die Größe der beteiligten Organisationen und Verbände in Rechnung, lasse es sich begründen, "dass es eine 'wirtschaftliche Mehrheit' zu Gunsten von Patenten für computerimplementierte Erfindungen" gebe.

Inzwischen warnen aber auch große Wirtschaftsforschungsabteilungen wie Deutsche Bank Research vor der Einführung von Softwarepatenten in Deutschland: "Der stärkere Schutz von geistigem Eigentum ist nicht immer besser", heißt es deutlich im Empfehlungspapier "Mehr Wachstum für Deutschland" (PDF). Es sei wahrscheinlich, "dass Softwarepatente, wie sie in den USA üblich sind und in Europa gerade legalisiert werden sollen, im Endeffekt Innovationen behindern. Europa könnte aber noch seinen Kurs ändern." Der für den Bericht zuständige Forscher Jan Hofmann hält für Software den bisherigen Urheberrechtsschutz für ausreichend und empfiehlt der Bundesregierung, vor allem die Bedenken kleiner und mittlerer Unternehmen gegen Softwarepatente ernst zu nehmen. Der Mittelstand sei der wahre Innovationsherd, werde aber durch die hohen Kosten des Patentsystems und die bereits aufgebauten großen Patentportfolios nachdrücklich behindert.

Eine ganz ähnliche Sicht vertritt auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in einem Bericht über Bürokratiehemmnisse für den Mittelstand durch die Brüsseler Gesetzgebung (PDF): "Um im juristischen Paragraphendschungel zu bestehen, müssten Softwareentwickler mehr finanzielle Ressourcen auf die Klärung von Rechtsfragen verwenden. Es liegt auf der Hand, dass diese Mittel dann für Investitionen in Forschung und Entwicklung fehlen." Softwarepatente, heißt es in der Studie weiter, "können darüber hinaus den Wettbewerb behindern. Das könne sich nachteilig auf die Einführung und Nutzung von Innovationen in kleinen und mittleren Betrieben auswirken. (Stefan Krempl) / (jk)