Beim induktiven Laden muss der Fahrer nicht mehr tun als an der richtigen Stelle zu parken

Qualcomm und Renault erproben das induktive Laden

Das berührungslose Laden ist für Autofahrer bequem, weil sie nur ihren Wagen über einer im Boden eingelassenen Induk­tions­spule abstellen müssen. Qualcomm und Renault wollen die Technik in London erproben

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  • ggo
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London, 24. Juli 2012 – Der Chiphersteller Qualcomm und der Autobauer Renault haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, nach der sie gemeinsam Qualcomms "Halo"-Technologie zum berührungslosen, induktiven Laden von Elektroautos testen wollen. Renault wird demnach auch dem Lenkungsausschuss beitreten, der in London für den so genannten "WEVC Trial" eingerichtet wurde. Das WEVC (Wireless Electric Vehicle Charging) auf Grundlage der Halo-Technik soll in London im Praxisversuch erprobt werden. Neu ist die Idee nicht: Nicht nur Elektrozahnbürsten lasen sich berührungslos nachladen, in Italien werden seit einem Jahrzehnt ausgewachsene Omnibusse induktiv mit Strom versorgt.

Halo erstmal

Bereits im November des vergangenen Jahres hatte Qualcomm angekündigt, ab Anfang 2012 bis zu 50 Elektrofahrzeuge in London an den Start zu bringen, die berührungslos geladen werden. Das induktive Laden ist für den Autofahrer komfortabel, weil er nur das Fahrzeug über der Ladespule platzieren muss, ohne mit irgendwelchen Kabeln hantieren zu müssen. Laut Qualcomm sorgt eine patentierte Lösung mit dem geheimnisvollen Namen "Double “D” Quadrature Design" dafür, dass er nicht einmal besonders akkurat parken muss – das erspare auch eine komplizierte und teure Onboard-Lösung zum genauen Positionieren des Fahrzeugs.

Zudem soll das Halo-System im Vergleich zu anderen Lösungen einen relativ großen Luftspalt zulassen – Qualcomm zieht dabei den Vergleich von einem SUV und einem Roadster. Nicht jeder wird das gutheißen, denn ein kleiner Luftspalt hat den Vorteil, die Zugänglichkeit zwischen den Spulen für Menschen oder größere Tiere unmöglich zu machen. Das gilt besonders dann, wenn sich die fahrzeugseitige Spule, eingebettet in ein Trägermaterial, absenken lässt – was natürlich nur für stationäre Lösungen in Frage kommt. Im übrigens dürften die angeblich so aufwendigen Onboard-Lösungen so kompliziert nicht sein: Über das Verhalten des Magnetfeldes lässt sich die Position der Spulen zueinander genau erkennen – und elektrische Lenkungen für einen autonomen Einparkvorgang gibt es längst.

Kein Kabel, kein Batteriewechsel

Renault verspricht sich von der Teilnahme am WEVC Trial auch Erkenntnisse im Hinblick auf europäische oder sogar weltweite Standards. In dieser Hinsicht hat das induktive Laden theoretisch einen großen Vorteil gegenüber kabelgebundenen Systemen. Denn unterschiedliche Steckerstandards, wie sie für Elektroautos entwickelt wurden, spielen keine Rolle. Noch problematischer ist in dieser Hinsicht das Batteriewechselsystem, das Renault lange zusammen mit Better Place zu favorisieren schien. Mittlerweile ist es um dieses Konzept allerdings sehr ruhig geworden. Batteriewechselstationen im großen Maßstab hätten einen extrem hohen Raumbedarf, und standardisierte Batterien wären im Markt kaum durchzusetzen. Der Autohersteller Smart will zudem herausgefunden haben, dass Käufer von Elektroautos gerne "ihre eigene Batterie" haben wollen, und sei es nur im Rahmen eines Leasing-Modells. Bei einem Batteriewechselkonzept ist das nicht möglich, zudem würden im Laufe der Zeit fast zwangsläufig unterschiedliche Batteriegenerationen kursieren.

Mit welchen Elektroautos sich Renault in London beteilgen will, steht noch nicht fest – es wurde ja noch nicht einmal ein konkreter Zeitplan für den Beginn des Projekts genannt. Der originelle Twizy kommt dafür eigentlich nicht in Frage, der Bauraum für die Induktionsspule ist bei ihm nicht vorhanden. Die bereits eingeführten Modelle Kangoo Z.E. und Fluence Z.E. bieten sich eher an, naheliegender wäre aber ein Fahrzeug, das von vornherein als Elektroauto konzipiert ist, zum Beispiel der Zoe, dessen Serienversion im September auf dem Pariser Autosalon steht.