Concept Active Tourer – ein Van mit Quermotor und Hybridantrieb

Revolution bei BMW

Mit dem „Concept Active Tourer“ räumt BMW als letzter Hersteller seiner Art gleich mit mehreren Traditionen auf, die bis heute zur Alleinstellung in der Modellpalette bis hinunter ins Kompaktsegment gehörten

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  • fpi
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München, 14. September 2012 – Frontantrieb! Quermotor! Dreizylinder! Van! Mit dem „Concept Active Tourer“, den man auf dem Autosalon in Paris 2012 (29. September bis 14. Oktober) vorstellen wird, räumt BMW als letzter Hersteller seiner Art gleich mit mehreren BMW-Traditionen auf, die bis heute zur Alleinstellung in der Modellpalette bis ganz hinunter ins Kompaktsegment gehörten.

Suspekte Entwicklungen

Sehr vielen Freunden der Marke sind derlei Entwicklungen verständlicherweise suspekt, BMW sieht allerdings einen „wichtigen Baustein in der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Marke BMW und ihres Modellportfolios“. Damit ist nicht nur eine Antwort auf Golf VII, Audi A3 und die A- und B-Klasse von Mercedes gemeint, sondern auch wachsende Märkte in Übersee und China, auf denen dem Kompaktsegment eine große Zukunft vorhergesagt wird. Dass er einen Hybridantrieb bekommt, ist den zunehmenden Anforderungen an den Flottenverbrauch geschuldet.

Der 4,35 Meter lange und 1,56 Meter hohe Active Tourer bietet einen relativ langen Radstand von 2,67 Metern. In Verbindung mit dem höheren Dach und dem Quermotor mit Vorderradantrieb wird der Innenraum größer, als man es von BMWs Kompakten bisher kennt. Immerhin fällt der voluminöse Mitteltunnel für die Kardanwelle weg und die Fahrgastzelle kann weiter vorne beginnen. Im Widerspruch zu einer konsequent intelligenten Raumnutzung stehen allerdings die Radhäuser für die 20 Zoll großen Räder der Studie.

Spezielle Schiene

Eine „schwebende“ Mittelkonsole soll die vordere Beinfreiheit verbessern. Der Fahrer blickt nicht auf klassische Instrumente, sondern auf ein 10,25 Zoll großes Display, auf dem je nach Fahrmodus unterschiedliche Anzeigen zu sehen sind. Bekannt ist dieses System bereits vom jüngsten 7er. Über die gesamte Kabine des Concept Active Tourer erstreckt sich ein Panorama-Sonnendach. Per Knopfdruck kann dessen Lichtdurchlässigkeit reguliert werden, als Lichteffekt ist ein Blattstruktur-Design möglich. Für die Fondpassagiere gibt es eine zentrale senkrechte Metallschiene an der Rückseite der Vordersitze. Hier lassen sich Klapptische, Taschen, aber auch Tablet-PCs befestigen.

Vereinheitlichter Hybridantrieb

Die Batterien des Hybridantriebs sind unter dem Ladeboden verbaut. Mit dem bei BMW völlig neuen Raumkonzept wird „eDrive“, das künftige Antriebskonzept aus dem BMW i8 nun auch in einer Kompaktklasse-Studie eingeführt. Der vereinheitlichte Plug-in-Hybridantrieb soll künftig in alle Elektro- und Plug-in-Hybrid-BMWs eingebaut werden. Der 1,5 Liter-Ottomotor treibt die Vorderräder an. Der zusätzliche Elektromotor wirkt auf die Hinterachse und kann das Fahrzeug bei Bedarf auch allein antreiben. Mit einer Systemleistung von mehr als 140 kW/190 PS bei Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor beschleunigt der Van in weniger als acht Sekunden auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit des Plug-in-Hybrids liegt bei rund 200 km/h. Den Durchschnittsverbrauch gibt BMW mit weniger als 2,5 l/100 km an, entsprechend einem CO2-Ausstoß von weniger als 60 g/km. Da der Verbrauch von Plug-in-Hybriden nach der Verbrauchsnorm E/ECE/324-101 ermittelt wird, sagt dieser Wert allerdings nichts über den Verbrauch bei leerer Batterie aus. Wenn man die von BMW angegebenen Werte (inkl. der angegebenen elektrischen Reichweite von 30 Kilometer) in die Berechnungsformel der ECE-Norm einträgt, ergibt sich ein Kraftstoffverbrauch von 5,5 Liter.

Charakterspezifische Vorteile

Damit gar nicht erst jemand darauf kommt, der neue 1,5 Liter-Dreizylinder könnte sich als lahmer Schüttelhuber erweisen, streicht BMW seine „charakterspezifischen Vorteile“ heraus: „Laufruhe, hohe Drehfreude, spontanes Ansprechverhalten und dynamisch-sportlichen Klang. Da keine Massenkräfte 1. und 2. Ordnung auftreten, überzeugt er mit einem besonders hohen Geräusch- und Vibrationskomfort. Das Wankmoment fällt geringer aus als bei einem Vierzylinder und wird durch eine Ausgleichswelle eliminiert. Dies trägt unter anderem dazu bei, dass der Motor auch im niedertourigen Bereich äußerst kultiviert arbeitet.“ Der neue Dreizylinder kombiniert Direkteinspritzung mit voll variabler Ventilsteuerung und Turboaufladung, was bei „BMW TwinPower Turbo Technologie“ heißt.

Auch den Elektromotor hat BMW eigens für seinen neuen Hybridantrieb entwickelt. Bei vollem Lithium-Ionen-Akku soll der Concept Active Tourer wie gesagt eine maximale Reichweite von mehr als 30 km im rein elektrischen Modus bieten – eine genaue Zahl bleibt BMW schuldig. Darüber hinaus kann die E-Maschine parallel zum Verbrennungsmotor für Beschleunigungsvorgänge genutzt werden. Mehr als 200 Nm stehen bereits aus dem Stand heraus an. Aufladen lässt sich die Traktionsbatterie des BMW Concept Active Tourer an jeder 220-Volt-Haushaltssteckdose. Während an der Hinterachse der E-Motor bei jedem Verzögerungsvorgang rekuperiert, kann zusätzlich ein Hochvoltgenerator am Verbrennungsmotor den Energiespeicher wieder aufladen.

Sparen durch Segeln

In Verbindung mit dem Navigationssystem errechnet der über den Bordcomputer anwählbare Eco-Pro-Modus, wie das Ziel am sparsamsten erreicht werden kann. Zudem kann die Sparfunktion im Geschwindigkeitsbereich von 50 bis 160 km/h in zwei Stufen eine Segel-Funktion aktivieren. Dazu schaltet es den Verbrennungsmotor im Schubbetrieb bis 125 km/h ab. Darüber hinaus entkoppelt er ihn bei Bedarf bis zu 160 km/h vom Antriebsstrang.

Erscheinungstermin und Name für das Serienmodell wurden noch nicht bekanntgegeben. Dass letzterer noch geändert wird, ist aber so gut wie sicher, denn in „Active Tourer“ passt nicht in die Modellnomenklatur, außerdem klingen irgendwie auch Opels „Sports Tourer“ oder der „SUV Tourer“ des Kernwettbewerbers aus Stuttgart an. Die Serienversion des Concept Active Tourer dürfte auf der Frankfurter IAA im September 2013 debütieren, vielleicht als „1er GT“. Zunächst wird er mit konventionellen Motoren bestückt, darunter auch mit dem Dreizylinder-Turbo mit 1,5 Liter Hubraum.