26C3: Hacker verbrauchen Rekord-Bandbreite
Die Besucher des 26. Chaos Communication Congress saugten ein Datenvolumen in Höhe von 123 Terabyte aus dem lokalen Konferenznetzwerk ab, hörten 90 Vorträge und konsumierten dabei 11.000 Flaschen Club-Mate.
Der 26. Chaos Communication Congress (26C3) unter dem Motto "Here be Dragons" endete am gestrigen Mittwoch in Berlin mit dem Setzen neuer Höchstmarken. Bei der Abschlusskundgebung sprach Frank Rieger vom Chaos Computer Club (CCC), der die viertägige Hackerkonferenz ausrichtet, zunächst von einem neuen Teilnehmerrekord mit über 9000 Leuten. Die Zahl lässt sich aber nicht mit dem Vorjahr vergleichen, in dem 4230 Tickets ausgegeben wurden: Für dieses Jahr hatte Rieger die Besucher der weltweit rund 30 Kongressableger mit Streaming-Versorgung mit einbezogen.
Auf jeden Fall ging es im Berliner Congress Center (bcc) am Alexanderplatz auch in diesem Jahr dicht gedrängt zu. Schon kurz nach dem Start des Kongresses am Sonntag waren die Dauerkarten ausverkauft. Erstmals sorgte zudem bei den Vorträgen im Hauptsaal in den Abendstunden ein "Einpeitscher" mit mal mehr und mal weniger Charme dafür, dass tatsächlich jeder Platz belegt und das sonst übliche Sitzen auf dem Boden rigoros unterbunden wurde, um die Notausgänge freizuhalten. Die kleineren Säle im Erdgeschoss galten von Anfang an als hoffnungslos überfüllt.
Die räumliche Enge soll die Hacker sehr durstig gemacht haben: Rieger zufolge wurden am Rande von 90 Vorträgen und rund 25 Workshops 11.000 Flaschen der koffeinhaltigen Brause Club-Mate geleert. Mit gesundheitlichen Problemen hätten aber nur 40 Personen gekämpft, während das kongresseigene medizinische Versorgungsteam in den vergangenen Jahren jeweils rund 100 Fälle versorgen musste. Fürs nächste Jahr werde über eine Vorverkaufsphase für Dauertickets nachgedacht.
Einen neuen Rekord vermeldete auch das Network Operation Center (NOC). Die (virtuellen) Besucher hätten 123 Terabyte an Daten aus dem Kongressnetz gesaugt, freute sich Alex aus der Administrator-Crew. Erstmals hätten die Netzwerkbetreiber die Hacker nicht mit den sonst immer omnipräsenten Schildern darauf hinweisen müssen, mehr Bandbreite zu nutzen. Der Techniker räumte Schwierigkeiten mit dem Aufbau des Netzwerks ein, die am ersten Kongresstag zu größeren Ausfällen führten und auch die Videostreams beeinträchtigten. Es habe Probleme mit der im bcc verlegten Glasfaser-Infrastruktur und einem Uplink ins Internet gegeben. Beide Fälle hätten aber dank dem tatkräftigen Einsatz unermüdlicher Helfer behoben werden können.
Im Anschluss stand den Datenreisenden eine satte 20-Gigabit-Ethernet-Verbindung zur Verfügung, die dem NOC zufolge in Spitzenzeiten mehr als zur Hälfte ausgelastet gewesen sei. Insgesamt seien 7581 ans interne Netz angeschlossene Rechner gezählt worden, wovon einmal 2600 gleichzeitig online gewesen sein sollen. Vielfach hätten die Hacker das WLAN in Anspruch genommen, das auf 2,4 GHz und auf 5 GHz trotz des Ansturms recht gut funktioniert habe. Einziger echter Wermutstropfen für die NOC-Crew: Sie vermisste zur offiziellen Schlussrunde einen Switch, den ein übermüdeter Sicherheitsexperte eventuell versehentlich im Hackcenter als Ruhekissen benutzt hatte.
Die Nutzung des auf dem dem CCC-Jahrestreffen erstmals aufgebaute GSM-Netz blieb hinter der Nutzung von LAN und WLAN zurück. Das GSM-Netz verfügte über vier verknüpfte Sende- und Empfangsstationen, an das allerdings nur einige hundert Mobiltelefone angeschlossen gewesen seien, beklagte Harald Welte aus dem GSM-Team. Er forderte die Hacker auf, im nächsten Jahr "mehr Handys mitzubringen" und in das Testnetz einzubinden. Beim Zusammenspiel mit dem bereits seit Jahren zum Kongress gehörenden gängigen Telefonnetzwerk auf Basis des nicht mehr als sicher geltenden DECT-Standards, das bei den Besuchern stärker als die neue GSM-Variante in Anspruch genommen wurde, habe es keine Probleme gegeben.
Keine Stellung wollte der CCC zu den Hacks von Webseiten aus der rechten Szene wie der Partnerbörse MA Flirt nehmen. Die Aktionen waren unter den Kongressteilnehmern heftig umstritten und warfen Fragen rund um die Einhaltung der vielfach gepredigten Hackerethik auf. Man gebe "keine Kommentare zu bestimmten Wiki-Seiten ab", meinte Rieger, da diese bald "irrelevant" würden. Viele Unterverzeichnisse der Kongress-Wikis werden nicht archiviert; vor allem die Übersicht zu gehackten oder entstellten Seiten soll zeitnah wieder gelöscht werden. Rieger zufolge war auch in diesem Jahr eine "Ethik-Hotline" geschaltet. Dort seien ein paar "sensible Anrufe" eingegangen, über deren Inhalte man wohl im kommenden Jahr in Form von Pressemitteilungen informieren werde. Am ebenfalls geschalteten "Abuse-Telefon" habe es keine ernsthaft empörten Anrufe gegeben.
(ghi)