Unsere letzte Chance: Was gegen das Artensterben hilft

Seite 4: Einmal Aussterben und zurück

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Deutlich radikaler wollen Menschen wie George Church in die Natur eingreifen – indem sie längst ausgestorbene Spezies wie das Mammut wiederbeleben. Andere Forscher arbeiten an der "Rückausrottung" der Wandertaube, des Quagga-Zebras oder des australischen Beutelwolfs. Tatsächlich hat eine solche Wiederbelebung bereits stattgefunden – und zwar beim Pyrenäensteinbock Bucardo, ausgestorben um das Jahr 2000. Einem spanischen Biologen gelang es, aus eingefrorenen Zellen des letzten lebenden Tieres einen Klon zu erzeugen und von einer Ziege austragen zu lassen. Das Bucardo-Kälbchen starb allerdings sieben Minuten nach der Geburt. "So ist der Bucardo immerhin die erste Spezies, die bereits zweimal ausgestorben ist", kommentiert Lothar Frenz.

Ohnehin wäre die Neuerschaffung einer ausgestorbenen oder die Nachzüchtung einer bedrohten Tierart nur der erste Schritt: Sollen die Tiere auch außerhalb menschlicher Obhut überleben, müssen sie über Jahre bis Jahrzehnte hinweg sorgsam ausgewildert, überwacht und geschützt werden.

Alle solche Ansätze haben eines gemeinsam: Sie sind sehr teuer. "Nach vierzig Jahren Arbeit könnte allein für das Projekt Wandertaube eine Milliarde Dollar zusammenkommen", zitiert Frenz den Biologen Ben Novak. "Viel teurer also als klassische Artenschutzprojekte."

Angesichts solchen Aufwands wird offenkundig: "Die Ressourcen werden nie ausreichen, das Aussterben aller Arten zu verhindern. Also sind wir gezwungen, Prioritäten zu setzen", so Rebecca Nesbit. Damit nicht genug: "Wenn man sich für den Schutz einer Spezies entscheidet, kann das zum Untergang einer anderen führen."

Doch welche Arten sollten nun geschützt werden? Das EDGE-Programm (Evolutionary Distinct and Globally Endangered) hat eine Liste mit über 2000 gefährdeten Spezies aufgestellt, die sich durch ihre genetische Einzigartigkeit auszeichnen. Ganz oben stehen der Gewöhnliche Sägefisch, der Attenborough-Langschnabeligel, der Chinesische Riesensalamander, der Langkamm-Sägerochen und der Indische Purpurfrosch.

Übliche Verdächtige wie der Tiger fehlen auf der Liste. "Die Tiger sind in Asien hochbedroht, doch weil es noch andere und nahe verwandte große Katzenarten gibt, etwa Löwen und Leoparden, würde durch das Verschwinden der Tiger nicht so viel genetische Besonderheit verloren gehen", erläutert Lothar Frenz. Trotzdem spielten besonders "charismatische" Tiere wie Tiger, Panda, Eisbär, Koala oder Gorilla eine wichtige Rolle als "Flaggschiffarten", eben weil sie besonders viel Aufmerksamkeit und damit auch Spenden generieren.