Branson gibt Gas im Weltraum-Wettbewerb

Virgin Galactic und Scaled Composites haben in der Mojave-Wüste ihr Trägerflugzeug WhiteKnightTwo vorgestellt. Nun folgt der schwierige Teil: Tests am Boden und in der Luft.

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Von
  • Steffan Heuer
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Richard Bransons Raumfahrtunternehmen Virgin Galactic hat einen weiteren Punkt auf seiner Checkliste zum Start der ersten Hobby-Astronauten abgehakt. Der britische Unternehmer enthüllte gemeinsam mit Luftfahrtpionier Burt Rutan in der Mojave-Wüste das Trägerflugzeug WhiteKnightTwo – pikanterweise unmittelbar vor dem 50. Geburtstag der NASA.

Gebaut hat das ungewöhnliche Gefährt mit Doppelrumpf und einer innovativen Tragfläche aus Verbundstoffen Rutans Firma Scaled Composites. In den kommenden Wochen werden ausgiebige Tests am Boden folgen, im Herbst erste Flugtests. Nachdem beide für Kamerateams und ausgesuchte Hobby-Astronauten aus dem Cockpit des Trägerflugzeugs gewinkt hatten, taufte Branson das Gefährt zu Ehren seiner Mutter Eve. Beide Unternehmer priesen die Signalwirkung, die von dem zu 100 Prozent aus Verbundstoffen bestehenden Flugzeug ausgehe.

Das Gefährt sei nicht nur ein Meilenstein im Luft- und Rahmfahrtdesign, weil selbst die knapp 43 Meter breite Tragfläche, die beide Rumpfteile verbindet, ohne Metallteile oder Nieten auskommt. Das Gefährt sei zudem ein „offenes System“, mit dem sich beliebige Nutzlasten in den Weltraum befördern lassen. Ein derartig preiswertes und flexibles Startsystem werde eine neue Ära der Raumfahrt einläuten, so Branson. Zahlende Passagiere seien nur die Vorreiter, gefolgt von Satellitenstarts, die sich auch Universitäten leisten können, sowie extrem schnellen suborbitalen Flügen zwischen zwei Punkten auf der Erde.

Zu den Risiken und Unwägbarkeiten der jungen Industrie schwiegen die beiden allerdings. Doch die Enthüllung des WhiteKnightTwo fiel fast genau auf den Jahrestag eines schweren Unfalls: Bei einem Test der neuen Triebwerke waren im Juli 2007 drei Mitarbeiter von Scaled Composites ums Leben gekommen und drei weitere schwer verletzt worden. Wenige Tage vor der Marketing-Veranstaltung hatte das Unternehmen zwar eine Gedenkplakette auf dem abgelegenen Flughafen in der Wüste Kaliforniens enthüllt, aber vor der angereisten Presse wurde der Vorfall mit keinem Wort erwähnt.

Burt Rutan, der mit dem WhiteKnightOne im Oktober 2004 den X-Preis für den ersten erfolgreichen Start eines privaten Raumschiffs gewonnen hatte, strich stattdessen die Fortschritte heraus, die seine Firma gemacht habe, um den „modernsten, energiesparendsten Jet aller Zeiten“ zu bauen. Dazu änderte sein Designerteam die Konfiguration des Trägerflugzeugs gegenüber der ersten Generation erheblich, sodass die Nutzlast dreimal so hoch liegt und ein Dutzend mehr Passagiere Platz finden.

So befinden sich jetzt je zwei Pratt&Whitney-Triebwerke an der Außenseite der beiden Rumpfteile. Diese Triebwerke sind ähnlich denen, die sonst an herkömmlichen Regional- und Business-Jets installiert sind. Die beiden Piloten werden das so genannte Virgin Mothership (VMS) aus einem Cockpit auf der rechten Seite lenken, während der gesamte linke Rumpf für Passagiere oder Wissenschaftler zur Verfügung steht.

Das Herzstück unter dem Flügel bleibt frei für die Nutzlast, die zunächst das SpaceShipTwo sein wird. Die Raumfähre bietet Platz für zwei Piloten und sechs Passagiere. Der Prototyp des SpaceShipTwo ist erst zu 60 Prozent fertiggestellt und war während der Veranstaltung in Mojave noch unter einer schwarzen Plane abdedeckt. Ab dem kommenden Jahr sollen beide Komponenten zusammen in der Luft getestet werden.