Countdown für Containerriesen

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Hinzu kommt, dass bestimmter Seegang dem Material arg zusetzen kann, Wellen mit großen Abständen beispielsweise. Wenn das Schiff nur vorn und hinten auf einer Welle aufliegt und in der Mitte bis zu einem Meter durchhängt, kann das unter Umständen gefährlich werden. Bisher wurden die Schiffe jedoch immer sicherer. Zwischen 1994 und 2010 meldet die International Union of Marine Insurance stetig sinkende Zahlen von Totalverlusten. Waren es 1994 noch über 170 Schiffe, so wurden 2010 nur noch 63 als untergegangen gemeldet.

Bleibt die Frage, ob solche Riesen langfristig wirtschaftlich betrieben werden können. Der Gigantonomie sind schon andere verfallen, etwa die Öltankerbranche in den 1970er-Jahren. Damals wurden Schiffe in Dienst gestellt, die einfach zu groß waren und nach kurzer Zeit wieder aus dem Verkehr gezogen wurden. Mega-Öltanker wie die 458 Meter lange "Jahre Viking", die über eine halbe Million Tonnen Öl laden konnte. Sie endete schließlich als schwimmendes Öllager und wurde 2010 verschrottet. "Diese Tanker waren zu unflexibel", sagt Schifffahrtsexperte Paul Stott von der University of Newcastle. "Zu wenige Häfen konnten diese Größe abfertigen." Steht den Triple-E-Frachtern ein ähnliches Schicksal bevor? Stott wiegelt ab: "Nur weil die Riesentanker nicht erfolgreich waren, heißt das nicht, dass die Containerschiffe ebenfalls scheitern werden."

Ein Großereignis allerdings könnte die Triple-E-Klasse vom Erfolgskurs abbringen: die Eröffnung des neuen Panamakanals. Voraussichtlich ab 2014 sollen bis zu 55 Meter breite 14000 TEU-Frachter die Wasserstraße befahren können. Dann müssen die anderen großen Pötte nicht mehr um Südamerikas Kap Hoorn herum navigieren, um die US-Westküste zu erreichen. Das könnte sich auf den Welthandel auswirken, glaubt Paul Stott. Vielleicht etablieren sich Round-the-world-Routen, auf denen Frachter nicht mehr nur zwischen Kontinenten pendeln, sondern ständig in dieselbe Richtung um den Erdball fahren. Dann würden Triple-E-Riesen ihren Wettbewerbsvorteil verlieren.

In Wilhelmshaven ist man sich sicher, dass die dicken Pötte ein Erfolg werden. Was sonst sollen die Hafenmanager vom JadeWeserPort auch sagen? Das Fahrwasser in Wilhelmshaven dürfte mit 18 Metern in jedem Fall tief genug sein, um auch noch die übernächste Generation an Schiffen abzufertigen. Die 16 Containerbrücken können mit ihren 69 Metern Auslage sogar Schiffe mit 25 Containerreihen ent- oder beladen.

Noch dominiert aber der Sand im JadeWeserPort. Es geht hektisch zu, man liegt hinter dem Zeitplan: Die Hafenkante ist instabil, und nur acht der insgesamt 16 Containerbrücken stehen an der Kaimauer. Der offizielle Eröffnungstermin, der für den 5. August geplant war, musste verschoben werden. Ob der Hafen nun Mitte September wirklich eröffnet werden wird, war bei Redaktionsschluss noch offen. Wahrscheinlich wird es ohnehin nur ein symbolischer Akt. Bisher konnte der Probebetrieb nur landseitig geübt werden, also mit den Verladekränen des Bahnhofs und den sogenannten Van-Carriern, hochbeinigen Fahrzeugen, die Container auf dem Gelände verteilen und bis zu vier Lagen hoch stapeln können. Im Endausbau werden insgesamt 68 solcher Fahrzeuge im Einsatz sein. Sowohl der Rangierbahnhof mit seinen 16 Gleisen und den fünf Verladekränen als auch der Autobahnanschluss warten sehnlich auf den großen Blechkisten-Ansturm. Jetzt fehlen nur noch die Schiffe, die sie bringen. (bsc)