Der Film, den alle hassten: 25 Jahre "Wing Commander"​

25 Jahre "Wing Commander": Am 12.3.1999 kam der Film zum Spiel ins US-Kino – und enttäuschte sogar die treuesten Fans. Ein Happy End hatte das Debakel aber.​

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Auf der Brücke: Der Film "Wing Commander" ist heute praktisch allen Beteiligten peinlich.

(Bild: 20th Century Fox Home Entertainment)

Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Gerald Himmelein
Inhaltsverzeichnis

Wer eine bestimmte Gamer-Generation auf "Wing Commander" anspricht, trifft dabei oft auf einen verklärten Blick. "Ach, das waren noch Zeiten. Um das zu zocken, hatte ich mir extra einen Flight Stick gekauft. Und eine Soundkarte. Und …" Werfen Sie dann ein, dass "Wing Commander" heute 25. Jubiläum hat. "Ach, echt?" Der Blick wird in leichte Wehmut wechseln.

Um einen historischen Exkurs über die Spielserie abzuwürgen, sagen Sie jetzt: "Ja, heute vor 25 Jahren kam der Film in die Kinos." Der Blick Ihres Gegenübers wird versteinern. Stimmt ja, es gab einen Film. "Der war aber schrecklich!" Jetzt können Sie beruhigend sagen, dass er gar nicht so schlimm sei wie sein Ruf. Leute in dieser Altersklasse haben oft Blutdruck.

Aber es stimmt schon: "Wing Commander", der Film, hatte durchaus das Zeug, Karrieren zu ruinieren. Es war der erste Knick der bemerkenswerten Erfolgsstory von Chris Roberts, dem Erfinder von "Wing Commander" und Projektleiter von "Star Citizen". Was 1990 seinen Anfang als "3D Space Combat Simulator" nahm, entwickelte sich schnell zu einem "interaktiven Film" – Werbe-Slogan: "Don't watch the game, play the movie!" – und schaffte es schließlich tatsächlich auf die Leinwand.

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1990 begann die "Wing-Commander"-Franchise mit einem sehr erfolgreichen Weltraum-Flugsimulator. Spieler begeisterte insbesondere die Kombination aus anspruchsvollen Weltraumkämpfen und mitreißender Handlung, deren Ausgang maßgeblich vom Geschick des Spielers abhing.

Bei der Story bedienten sich die Wing-Commander-Spiele bei vorangegangenen Erfolgen, darunter "Star Wars", "Top Gun" und den Kzin-Romanen von Larry Niven. Spieler flogen in Einsitzer-Kampfraumschiffen durchs All und absolvieren nacheinander allerlei Aufträge, darunter Schutzmissionen und Angriffe. Primärer Gegner war eine kriegerische Rasse hochgewachsener Katzenmenschen namens Kilrathi.

Zwischen den Missionen wurde die Handlung weitererzählt – in den ersten Spielen noch mit gezeichneten Figuren, ab dem dritten Teil (Heart of the Tiger, 1994) mit echten Schauspielern. Für die Videosequenzen engagierte Chefentwickler Chris Roberts professionelle Schauspieler, darunter diverse Legenden mit Genre-Erfahrung.

Die Hauptfigur Christopher "Maverick" Blair spielte kein Geringerer als Star-Wars-Legende Mark Hamill. An seiner Seite standen der aus "Indiana Jones" und "Sliders – Das Tor in eine fremde Dimension" bekannte John Rhys-Davies als James "Paladin" Taggert sowie als "Maniac" Tom Wilson alias Biff Tannen aus "Zurück in die Zukunft". Das Sahnehäubchen war Admiral Geoffrey Tolwyn, zynisch gespielt von Malcolm McDowell (u. a. "Uhrwerk Orange", "Das fliegende Auge").

Kein einziger von ihnen schaffte es im Film vor die Kamera. Aber sie bewiesen, dass Chris Roberts mit Sets und Schauspielern umgehen konnte. Agierte die versammelte Schauspiel-Prominenz im dritten Spiel noch etwas unbeholfen per Greenscreen vor mehr schlecht als recht gerenderten Hintergründen, verwendeten die Filmsequenzen von "Wing Commander IV - The Price of Freedom" (1996) gebaute Kulissen und sogar Stunts.

"Wing Commander" war nicht nur ein Spiele-Bestseller, er heizte auch den Verkauf von PC-Hardware an: Analoge Joysticks zur Steuerung der Raumschiffe, Soundkarten zur Ausgabe des opulenten Soundtracks und optische Laufwerke zur Wiedergabe der Videos. Teil III wurde auf vier CD-ROMs ausgeliefert, für "Wing Commander IV" mussten Spieler mit sechs CDs jonglieren.

(Nerd-Alert: Um "Wing Commander IV" auf sechs CDs unterzubringen und die Datenrate zu reduzieren, ließen die Videos jede zweite Zeile aus. Dadurch sahen die Filmsequenzen aus, wie durch eine halb geöffnete Jalousie projiziert. 1997 erschien eine DVD-Version mit höher aufgelösten Videos, für deren Wiedergabe allerdings eine spezielle MPEG-2-Decoder-Steckkarte benötigt wurde.)

Inzwischen fühlte sich Chris Roberts eher im Regiesessel zu Hause als im Spielestudio. Schon "Wing Commander III" hatte drei Stunden Videomaterial auf den Scheiben, bei "Wing Commander IV" waren es vier Stunden – inklusive alternativer Enden je nach Spielerfolg. Was läge da näher, als einen "Wing Commander"-Film zu drehen?

Für seine Filmidee fand Chris Roberts auch bald einen Produzenten, Todd Moyer; der fand wiederum ein interessiertes Studio, 20th Century Fox. Moyer hatte zuvor den Science-Fiction-Film "Timecop" (1994) mit Jean-Claude Van Damme produziert, sowie die Comic-Verfilmung "Barb Wire" (1996) mit Pamela Anderson in der Titelrolle.

An den über Moyer eingefädelten Deal waren allerdings Bedingungen geknüpft: 20th Century Fox bestand auf frischen Gesichtern, die Verleihe in Übersee auf einen internationalen Cast. So wurde Christopher Blair zum 23-jährigen Freddie Prinze Jr. statt zum 48-jährigen Mark Hamill. In die Rolle von "Maniac" schlüpfte Matthew Lillard, 11 Jahr jünger als Tom Wilson. Die Rolle des Admiral Tolwyn wurde von David Warner übernommen – obwohl zahlreiche Fans eine Petition für die Rückkehr von Malcolm McDowell in die Rolle unterzeichnet hatten.

"Wing Commander": Der Cast (6 Bilder)

Für die Hauptrollen bestand das Studio auf jungen Schauspielern. So übernahm Freddie Prinze Jr. die zentrale Rolle des Cris Blair (im Spiel: Mark Hamill).
(Bild: 20th Century Fox Home Entertainment)

Für die Nebenrollen wurden die Nationalitäten durcheinandergewürfelt: "Angel" Deveraux behielt zwar ihren belgischen Namen, wurde jedoch von der Britin Saffron Burrows verkörpert. Der im Spiel schottische "Paladin" Taggart ist im Film Franzose, gespielt von Tchéky Karyo.

Das waren allesamt keine schlechten Schauspieler, aber eben meilenweit von dem entfernt, woran sich die Fans in etlichen Spielstunden gewöhnt hatten. Das ließ sich auch nicht damit ausgleichen, dass Ur-Blair Mark Hamill einen versteckten Auftritt als Stimme des Bordcomputers "Merlin" bekam – zumal im Abspann anstelle seines Namens nur ein Fragezeichen steht.