Die erfolgreichsten Motorräder 2023 – Teil 2

In Deutschland konnte die Branche vergangenes Jahr deutlich mehr Neumotorräder absetzen, nachdem sie 2022 ein Minus von 7,2 Prozent hat hinnehmen müssen.

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Ducati Monster SP

(Bild: Ducati)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Die Deutschen haben wieder mehr Spaß an Neumotorrädern gefunden, nachdem sie 2022 noch zurückhaltend waren und der Branche ein Minus von 7,2 Prozent beschert hatten. Deshalb waren die Prognosen zu Beginn des Jahres 2023 noch eher verhalten, schraubten sich dann jedoch ziemlich bald nach oben. Ganz besonders profitierten die Marken, die sich mit komplett neuen Modellen vorgewagt hatten. Sie lesen den zweiten Teil zur Zulassungsstatistik 2023, der zufolge die Motorradbranche hierzulande trotz Energiekrise, Inflation und allen Schlechtredens der Lage ein Plus von 16,4 Prozent beim Verkauf verbuchen konnte. Insgesamt waren es 212.383 Neuzulassungen, davon 125.709  Motorräder über 125 cm3, währen es im Vorjahr noch 198.193 Stück waren.

Der Trend, dass sich Sportmotorräder wieder so gut verkaufen, dass sie wieder Zuwachs bekommen und die Beobachtung, dass sich das erfolgreiche Segment der Reiseenduros bei den etwas gemäßigteren Hubräumen konsolidiert, schlüsselt in Zahlen der erste Teil auf.

Für 2023 war von Honda eine neue Transalp angekündigt worden und viele Fans des legendären Modells waren kaum noch zu halten. Die XL 750 Transalp entpuppte sich als gelungen designte Reiseenduro, die ihren Abenteuergeist nicht verleugnete. Der 92 starke Zweizylinder weiß sich gekonnt in Szene zu setzen und das Fahrwerk verkraftet gemäßigten Geländeeinsatz. Hier stand eine würdige Nachfolgerin des großen Namens und auch der Preis von 10.590 Euro passte. Die Honda XL 750 Transalp sprang mit 1752 Neuzulassungen direkt unter die Top Ten.

(Bild: Honda)

Gemeinsam ist den beiden so verschiedenen Bereichen der Verzicht auf Spitzenleistung. Das dürfte zwei Gründe haben. Zum einen fahren die Motorräder auch mit kleineren Motoren inzwischen äußerst dynamisch und gewinnen durch geringeres Gewicht noch an Agilität. Erfolgreiches Downsizing also. Zum anderen enteilen die Preise für Spitzenmodelle in Bereiche, die sich nur wenige Kunden noch leisten wollen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis in der Mitte scheint dagegen etwas günstiger geworden zu sein, Ausnahmen wie die schlanke, aber dennoch teure Aprilia RS 660 inbegriffen.

Vermutlich hätte nicht einmal Aprilia selbst damit gerechnet, aber die RS 660 hat es 2023 erneut unter die Top 20 in Deutschland gebracht. Eigentlich galt das Segment der vollverkleideten Sportbikes als so gut wie tot, doch die mit einem 100 PS starken Reihenzweizylinder befeuerten RS 660 brach alle Verkaufsrekorde der italienischen Marke: 1262 Neuzulassungen konnte sie 2023 stolz vorweisen, fast 200 mehr als im Vorjahr. Es war wohl die Kombination aus dem gelungenen Design und dem drehfreudigen Motor, gepaart mit nur 183 kg Gewicht. Dabei war die RS 660 mit 11.699 Euro noch nicht einmal billig und damit sozusagen ein Ausreißer unter den erfolgreichen Sportlern.

(Bild: Aprilia)

Nach den Marken BMW, Honda, Kawasaki, KTM und Yamaha im erste Teil folgen nun die Marken Harley-Davidson, Ducati, Triumph, Suzuki und Husqvarna, weiter absteigend sortiert nach ihrem Verkaufserfolg.

Harley-Davidson verteidigte zwar mit 7263 Neuzulassungen seinen sechsten Gesamtrang in Deutschland, verzeichnete aber als einzige unter den Top-Ten-Marken Verluste. Zwar wies die Bilanz nur ein Minus von 4,5 Prozent aus, aber glücklich dürfte Harley mit 341 weniger verkauften Motorrädern wohl nicht sein. Tatsächlich scheiterte die Sport Glide als meistverkaufte Harley-Davidson mit 710 Neuzulassungen daran, auch nur unter die Top 50 zu kommen. Im Jahr davor gelang das noch gleich drei Modellen: der Sportster S, der Reiseenduro Pan America und der Street Bob, doch davon waren sie 2023 weit entfernt.

Harley-Davidson verkaufte zwar von keinem Modell überdurchschnittlich viel, dafür von vielen Modellen jeweils etliche hundert Stück. Auch wenn das Programm der US-Marke in den letzten Jahren zusammengestrichen wurde, hatte Harley immer noch 23 meist hochpreisige Modelle parat, darunter drei limitierte CVO-Modelle für jeweils weit über 40.000 Euro.

Ducati blieb auf dem siebten Gesamtrang mit 6571 Neuzulassungen und einem hauchdünnen Plus von gerade mal 68 mehr verkauften Bikes. Obwohl die Marke 2023 MotoGP- und Superbike-Weltmeister wurde, war ihr meistverkauftes Modell nicht etwa ein Sportmotorrad, sondern die Reiseenduro Multistrada V4. Der potente Motor liefert satte 170 PS und das schien viele Käufer zu reizen, sie kam auf 1118 Neuzulassungen und belegte damit Platz 28. Als einzige weitere Ducati schaffte es das Naked Bike Monster unter die Top 50, sie erreichte Platz 42 mit 872 Einheiten.

Weder die neue Reiseenduro DesertX, noch die einst so beliebte Scrambler schoben sich unter die fünfzig meistzugelassenen Modelle. Vom Bonus der Weltmeister-Marke konnten die Sportmodelle nicht profitieren, was wohl in direktem Zusammenhang mit ihrer Hochpreis-Politik steht. Ducati will damit seinen Anspruch als Premiummarke unterstreichen, damit verhindert sie aber, dass sich ihre Mittelklassemodelle besser verkaufen, wie etwa die Supersport 950 mit 110 PS für satte 15.000 Euro.

Triumph hat seinen achten Platz mit 6250 Neuzulassungen verteidigt und konnte 2023 ein Plus von vier Prozent erreichen. Bestseller im Programm der britischen Marke blieb das Mittelklasse-Naked Bike Trident 660 mit seiner gefälligen Optik und dem herrlichen Dreizylinder. Sie kam auf 823 Neuzulassungen und belegte damit Platz 44. Triumph profitierte von der überarbeiteten Street Triple 765, die auf 130 PS bei einem Gewicht von gerade mal 188 kg erstarkte.

Sie schaffte es auf Rang 49 mit 736 Einheiten. Die einst so beliebten Retromodelle wie die Bonneville und Scrambler schwächeln inzwischen. Auch die Reiseenduros Tiger 1200 und Tiger 900 schoben sich nicht unter die Top 50. Die wunderschöne und 180 PS starke Speed Triple 1200 litt ein wenig unter ihrem doch recht hohen Preis.

Suzuki verzeichnet seit zwei Jahren einen Aufwärtstrend. Endlich, denn lange Zeit dümpelte der Gigant aus Japan auf dem deutschen Markt im Nirgendwo. Es gab einfach keine innovativen Modelle, was für die einst so erfolgsverwöhnte Marke einfach nur peinlich war. Suzuki landete 2023 zwar erneut auf Platz neun, erreichte aber mit 5020 Neuzulassungen ein Plus von 10,2 Prozent. Dennoch hatte sich die Marke wohl mehr versprochen, zumal sie gleich zwei völlig neue Mittelklassemodelle in den beiden angesagten Klassen Naked Bike und Reiseenduro präsentierte. Die viel gelobte GSX-8S schaffte es mit 888 Neuzulassungen aber nur auf Platz 41, die V-Strom 800 tauchte unter den Top 50 gar nicht erst auf.

Die meistverkaufte Suzuki blieb weiterhin die SV 650 auf Platz 33 mit 999 Neuzulassungen. Sie stammt in ihren Grundzügen noch aus dem Jahr 1999, genießt aber einen guten Ruf. So befand sie sich letztes Jahr noch auf einem sensationellen Platz sieben mit 1678 Neuzulassungen. Wie schnell man seine Gunst verlieren kann, musste die GSX-S 1000 trotz ihres prächtigen Reihenvierzylinders erfahren: 2022 brachte sie es noch mit 1237 Neuzulassungen auf einen beachtlichen 14. Rang, 2023 reichte es nicht mal mehr für die Top 50.

Husqvarna verdrängte 2023 Royal Enfield mit 3566 Neuzulassungen von Rang 10. Das entspricht einem Zuwachs von 22 Prozent in Deutschland. Den Erfolg hat die einst schwedische Marke, die schon lange zum österreichischen KTM-Konzern gehört, vor allem ihrer 701 Supermoto zu verdanken, die mit 1405 Stück Rang 14 belegte. Sie ist annähernd baugleich mit der KTM 690 SMC-R und erfreut sich seit Jahren großer Beliebtheit.

Die Husqvarna 701 Supermoto ist annähernd baugleich mit der KTM 690 SMC-R und so verwundert es kaum, dass die schwedisch-österreichische Supermoto sich hervorragend verkaufte. Mit 1405 Neuzulassungen verbesserte sie sogar ihr Vorjahresergebnis. Die Husqvarna unterschied sich nur durch das Rahmenheck und dem weniger kantigen Design der Kunststoffteile von der KTM. Auch die 701 Supermoto profitierte von ihrer extremen Handlichkeit und dem mächtigen Punch des 689 cm3 großen Einzylinders. Rund 40 Prozent aller verkauften Husqvarnas entfielen auf die Supermoto, was ihr Rang 14 einbrachte.

(Bild: Husqvarna)

Tatsächlich ist die 701 Supermoto die einzige Husqvarna unter den Top 50. Auch wenn die Reiseenduro 901 Norden abgesehen vom Design weitestgehend der KTM 890 Adventure entspricht, konnte sie deren Verkaufserfolg 2023 nicht vorweisen. Das Gleiche gilt für die Vitpilen 401 und Svartpilen 401, die kleinen Naked Bikes unterschieden sich nur optisch von der sehr gut verkauften KTM 390 Duke, waren sogar etwas billiger, dennoch fanden sich kaum Kunden. Das eigenwillige Design der beiden Husqvarna wollte nicht so richtig zünden. Was Husqvarna im Programm fehlt, ist ein schickes, aber nicht über-designtes Naked Bike mit dem Motor der 790 Duke.

(fpi)