Buche, Eiche, Lärche: Die gute Mischung für einen klimatoleranten Forst

Seite 3: "Wir können nicht mehr zurück zum Wald der Fünfzigerjahre"

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Dazu passen Beobachtungen der Tiroler Landesforstdirektion in Innsbruck, die derzeit das Projekt "Klimafitter Bergwald" vorantreibt. Es umfasst 45.000 der 520.000 Hektar Wald des österreichischen Bundeslands. Insgesamt verschieben sich die Höhengrenzen nach oben: Laubbaumarten wie der Bergahorn dringen an Standorte vor, die ihnen früher zu kalt waren. In tieferen Lagen kommen freilich auch die Tiroler nicht an einem systematischen Waldumbau vorbei, der das auch den Urlaubern so vertraute Landschaftsbild erheblich verändern wird. Eine Grenze liegt laut Kurt Ziegner, Vorstand der Abteilung, bei 1.000 Metern: "Darunter wird die Fichte möglichst zurückgedrängt und durch andere Baumarten ersetzt." Er verspricht sich von der Anreicherung mit Laubbaumarten den Aufbau einer nährstoffreicheren Humusschicht. "Im angestammten Areal der Fichte, also zwischen 1.000 und 1.200 Metern, werden wir sie mit anderen Nadel- oder Laubbaumarten mischen."

Bei der Empfehlung, welche "neuen" Bäume Waldbesitzer als Ergänzung zur natürlichen Verjüngung pflanzen sollten, ist die Landesforstdirektion vorsichtig. Ziegners fünfköpfiges Projektteam setzt auf "natürliche Kombinationen" aus heimischen Arten wie Buche, Eiche, Tanne, Lärche oder Linde. Zur Risikostreuung sind laut Forstplaner Alois Simon "mindestens zwei" Arten notwendig.

Was passiert, wenn Forstverwaltungen und private Waldbesitzer das Risiko nicht streuen, zeigen die großflächigen Kalamitäten in deutschen Wäldern. Wo sich in vergangenen Jahrhunderten weitläufige Buchenwälder als natürliche Monokulturen breitgemacht hatten, zogen Förster oft sogenannte Altersklassenwälder mit gut nachgefragten Nadelhölzern hoch, die unter optimalen Bedingungen sehr wirtschaftlich waren: Wenn lauter gleich alte Bäume nebeneinander stehen, sind sie gleichzeitig erntereif und können per Kahlschlag abgeräumt werden. Je älter Fichten werden und je wärmer es wird, desto anfälliger werden sie allerdings – vor allem, wenn sich ein Schädling wie der Borkenkäfer auf sie spezialisiert. Die Ausmaße sind laut Marcus Lindner, Resilienzforscher am European Forest Institute in Bonn, dramatisch: "In vielen Regionen sind in den tieferen bis mittleren Lagen bereits fast alle Fichtenbestände abgestorben."

Insbesondere an diesen Standorten wird es schwierig mit der Naturverjüngung, einem Konzept, das bei der großen Fangemeinde des Bestsellerautors und Ex-Försters Peter Wohlleben äußerst populär ist. Es werde ja heftig diskutiert, so Christian Ammer, Waldökologe an der Universität Göttingen, "inwieweit auf Flächen, die großflächig abgestorben sind, durch Nichtstun klimastabile Wälder entstehen würden". Auf kleinen, von trockenheitstoleranten Bäumen umgebenen Flächen könne so etwas glücken. Sonst aber komme "wieder nur die Baumart nach, die dort vorher bereits vorhanden war". Auch Future-Forest-Vordenker Ludwig Pertl hält es für unverantwortlich, sich naiv auf die Selbstheilungskräfte der Natur zu verlassen: "Wir können nicht mehr zurück zum Wald der Fünfzigerjahre." Anders gesagt: Biodiversität entsteht nicht aus dem Nichts. Der Mensch muss nachhelfen – und sich entscheiden, ob er heimische Arten anpflanzt, vielleicht in einer Varietät, die sich an einem klimatisch stressigeren Standort entwickelt hat, oder es riskiert, eine fremdländische Spezies auszuprobieren.