Geheimniskrämerei bei Google?

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Ein weiterer großer Unterschied liegt laut dem Experten Christy darin, dass Akamai es sehr schwer hatte, ein klares Geschäftsmodell zu finden, das tatsächlich funktioniert, während Google "unglaublich erfolgreich" gewesen sei. Akamai denkt daher über neue Wege nach, um Dienste anzubieten, die nur auf seiner riesigen Infrastruktur laufen können. Um schwarze Zahlen zu schreiben sucht die Firma aggressiv nach neuen Anwendungsfeldern für ihre Technologie. Auch das dürfte ein Grund dafür sein, warum Akamai, anders als Google, kein Problem damit hatte, sich mit mir für diesen Artikel zu unterhalten.

"Wir haben mit der Auslieferung einfacher Dinge angefangen - Objekte, Fotos, Banner und Anzeigen", so Tom Leighton, Chefforscher bei Akamai. "Das tun wir vor Ort. Schnell und zuverlässig. Websites werden so verbessert."

Derzeit entwickelt Akamai eine Technologie, mit der Kunden Anwendungen direkt auf seinen verteilten Servern laufen lassen können. 25 seiner größten Kunden hätten dies bereits ausprobiert, so Leighton. Das System kann plötzliche Lastschübe verkraften, was es ideal für Fälle macht, bei denen der Ansturm auf ein Internet-Angebot unmöglich vorhersehbar ist.

Beispielsweise wurde das Akamai-Netz kürzlich für ein Gewinnspiel des Tastaturherstellers Logitech benutzt. Weil man dachte, dass dies gut ankommen würde, legte Logitech genau fest, wie viele Tastaturen man verschenken wollte und wann das im Rahmen des Gewinnspiels passieren sollte. Dummerweise unterschätzte die Firma vollkommen, wie viele Leute an dem Contest teilnehmen würden. In der Vergangenheit brachen groß angekündigte Internet-Events wie etwa der Webcast des Unterwäsche-Herstellers "Victoria's Secret" regelmäßig zusammen, was zu viel Frust unter Millionen von Web-Benutzern führte - und für die Betreiber immer peinlich war. Dieses Mal aber nicht: Logitechs Wettbewerb lief auf dem Akamai-Netzwerk ohne Probleme.

Natürlich hätte Logitech versuchen können, ein solches System selbst aufzubauen. Man hätte einen Server bauen und testen können, der 100 gleichzeitige Nutzer verkraftet - zum Preis von 5000 Dollar. 20 dieser Server hätten 100.000 Dollar gekostet. Sie wären dann in ein Datacenter gestellt worden, das vielleicht schnell überlastet gewesen wäre. Also hätte man 10 der Server an die Ostküste und 10 der Server an die Westküste gestellt. Doch ein solches System hätte nach wie vor nur 2000 gleichzeitige Nutzer verkraftet; 100 Server für 500.000 Dollar in zehn verschiedenen Datacentern wären also schon besser gewesen. Und selbst dann hätten die Logitech-Ingenieure nicht gewusst, ob das System im Ernstfall funktionieren würde. Und die Technik samt Ingenieurleistung wäre nach dem Gewinnspiel praktisch nutzlos gewesen.

Solche Event-Aktionen sind nicht das einzige, was man mit Akamais Netzwerk machen kann. Fast jedes in der Internet-Sprache Java verfasste Programm kann auf der Infrastruktur laufen. Das System verarbeitet Kreditanträge, Kataloge oder Online-Shopping. Akamai erledigt sogar den kompletten Backend-Betrieb für Apples Online-Musikladen iTunes Music Store.

Die Firma ist sehr stolz auf ihr System - und legt vielleicht deshalb seine technischen Details so offen auf den Tisch. Akamais Network Operation Center (NOC) in Cambridge besitzt eine Glaswand, durch die die Besucher auf große Bildschirme mit Statistiken schauen können. Als ich im Januar vorbeisah, stand auf dem Bildschirm, dass Akamai gerade 591.763 "Hits" pro Sekunde ausliefere. 14.372 CPUs waren online - mit insgesamt 14.563 Gigahertz Taktfrequenz. 650 Terabyte an Speicherkapazität waren verfügbar. Am 14. April lag die Hit-Zahl in der Spitze bei 900.000 pro Sekunde. 43,71 Milliarden Anfragen wurden in 24 Stunden bearbeitet. (Die neue Anzahl an CPUs wurde zu diesem Zeitpunkt nur deshalb nicht genannt, weil sie in Akamais Quartalsbericht folgen sollte, der am 28. April erscheint. Sie soll sich aber kaum verändert haben, wie mir ein Sprecher sagte.)

Sowohl für Google als auch für Akamai ergeben sich in den nächsten Jahren diverse Geschäftschancen. So könnten beide Firmen ihre Erfahrung beim Bau riesiger verteilter Cluster dazu nutzen, ein gigantisches Backup-System für kleine Firmen und PC-Nutzer zu Hause zu errichten. Oder sie könnten die Heim-PCs zu "Smart Terminals" machen, bei denen die Anwendungen auf entfernten Servern laufen. PC-Benutzer müssten dann ihre eigenen Maschinen nicht mehr administrieren, keine Software mehr installieren und auch nicht ständig ihre Anti-Viren-Programme auf dem neuesten Stand halten.