Jahrescharts 2022: Orangejuice-Espresso und der Ukraine-Krieg

Bei Tiktok geht es um Drinks und Butter, bei Google um den Krieg, bei Youtube siegen sieben Wilde: Die Jahrescharts unterscheiden sich stark nach Plattform.

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Kaffee. Ohne Orangen.

(Bild: sebra / Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
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Sie haben noch keinen Orangejuice-Espresso getrunken? Dann sind Sie wahrscheinlich dieses Jahr nicht besonders viel auf Tiktok unterwegs gewesen. Denn das Getränk, das doch zunächst eher skurril klingt, war mit mehr als 5 Millionen Aufrufen im Trend. Zu den Food-Trends des Kurzvideodienstes gehören auch Butter-Rezepte, die unter dem Hashtag ButterBoard mehr als 414 Millionen Mal aufgerufen wurden, und mit #GreenGoddess ein cremig-grünes Dressing, das göttlich schmecken soll. Auch Lemon Pasta, seit Jahren schon bei Jamie Oliver ein Klassiker, haben die meist jugendlichen Nutzerinnen und Nutzer von Tiktok ebenfalls für sich entdeckt.

Es ist Dezember und damit präsentieren viele soziale Netzwerke und Streamingdienste ihre Jahrescharts. Trotz immer auch etwas eigenen Zählweisen bilden sie ein bisschen ab, was die Welt beschäftigt hat. Das unterscheidet sich denn auch stark nach Ausrichtung der Plattformen und Nutzungsgruppen.

Tiktok etwa hat ausschließlich Spaßkategorien in den Trends aufgelistet. Genau so verkauft sich der Dienst auch immer; es gehe um Unterhaltung, argumentiert das dahinterstehende Unternehmen Bytedance regelmäßig, wenn es um den Vorwurf geht, es würden unliebsame Themen versteckt.

Bei Google hingegen sind die Suchtrends völlig anderer Art. Dort hat der Krieg in der Ukraine die Themen dominiert. Unter der Kategorie "Bewegende Welt- und Sportereignisse" landet das Suchwort Ukraine auf dem ersten Platz, ebenfalls in der Kategorie "Schlagzeilen" sowie Vladimir Putin die Persönlichkeit mit dem stärksten Anstieg im Suchinteresse 2022 war, genauso wie der meistgesuchte Politiker. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski (Platz 5) und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko (Platz 10) folgen in der Rangliste. Zu den dominierenden Themen gehören auch die Affenpocken – Corona hingegen ist aus den Top 10 gefallen. Die WM, die Frauen EM, Olympia, die Queen und das 9-Euro-Ticket wurden ebenfalls besonders oft gesucht.

Zu den etwas seichteren Suchkategorien gehören die Serien des Jahres. Geht es nach der Google-Suche, ist Jeffrey Dahmer top, direkt gefolgt von Stranger Things, House of the Dragon, Eurphoria, The Watcher, weiteren, und, Moment, kein Ringe der Macht.

Putin hat es in einer weiteren, weniger politischen Kategorie auf den ersten Platz geschafft – den meistgesuchten Memes. Ihm folgt Will Smith, Mr. Incredible und The Rock, auf Platz 5 kommt Morbius, Platz 6 belegt Gommemode. Sie wissen nicht, was es mit dem Gommemode auf sich hat? Eine Minikurzfassung: Es ist abgeleitet vom Minecraft-Youtuber GommeHD und beschreibt eine Art Unbesiegbarkeit durch unfaires Spiel.

Google hat auch eine Liste mit W-Fragen veröffentlicht. Darunter gleich zwei Mal der Klassiker: "Was ist Pfingsten?" und "Warum feiern wir Pfingsten". Aber auch schwer zu beantwortende Fragen, wie "Warum greift Russland die Ukraine an?".

Bei Youtube siegt in der Kategorie Top-Trending-Video eine Folge aus der zweiten Staffel der Serie "7 vs. Wild" – nachdem sie kurzzeitig wegen Sexismus-Vorwürfen ein bisschen gecancelt wurde. Es ist die reichweitenstärkste Serie, die von einem deutschen Creator erfunden und organisiert wurde. Das Video der zweiten Folge ist erst seit dem 9. November öffentlich – und damit laut Youtube ausgesprochen schnell auf Platz 1 geschossen.

Platz 2 belegt der Livestream eines Boxkampfes zwischen den Youtubern Standart Skill und Leon Machère. In der Spitze sahen 7 Millionen Menschen zu – Rekord für Deutschland. Nach "Der letzten Song aus der Bohne" von Julien Bam, folgt erst auf dem vierten Platz ein klassischeres Musikvideo: Die Halbzeitshow des Superbowls. Die "ZDF Magazin Royal"-Folge zu Fynn Kliemann landet auf Platz 5. Auch bei Youtube landen Videos zum Ukraine-Krieg unter den meistaufgerufenen Videos.

Schon im November ist es quasi Pflicht, seine Spotify-Playlist auf allen gängigen sozialen Netzwerken zu posten. Der Musikstreamingdienst stellt diese für jeden zur Verfügung. Unter dem Titel Wrapped informiert Spotify über die bundesweiten und weltweiten Jahrescharts: Angeführt haben sie dieses Jahr Luciano und Harry Styles. Aber auch hier ist die Zählmethode eigen, es gibt keine absoluten Zahlen. Ausgewertet wird nur, was bis Oktober passiert. Taylor Swifts neues Album erschien aber beispielsweise erst am 21. Oktober.

Deezers Rewind 2022 führt unter der Kategorie meistgestreamte Künstlerinnen und Künstler in Deutschland Kontra K vor Rammstein und vor LEA und Ed Sheeran an. Weltweit macht auch hier Harry Styles mit dem Lied "As it was" das Rennen, gefolgt von Gayle und Elton John mit Dua Lipa. Taylor Swifts Fehlen fällt auch bei Deezer auf. Schließlich waren der Ansturm auf die Album-Downloads und Ticketverkäufe so groß, dass es zu Problemen bis hin zum generellen Abbruch kam. Warten wir, ob sie nächstes Jahr umso häufiger auftaucht und trinken bis dahin einen leckeren Orangenkaffee – mit Schuss.

(emw)