Jetzt funkt's an der Kasse

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Die Banken halten sich beim mobilen Bezahlen hingegen noch merklich zurück. "Die meisten Geldinstitute wollen das traditionelle Geschäft fortsetzen: Sie wickeln am Ende die Zahlung ab und bekommen eine Gebühr", sagt Forscher Pousttchi. "Dabei übersehen sie, dass sie in ihrem ureigenen Geschäft an Einfluss verlieren." Auch Erwin Selg, IT-Chef beim Dienstleister GFT, warnt: "Beim Mobile Payment verlieren die Banken den Kundenkontakt und werden durch einen Technologie-Layer vom Kunden getrennt."

Schon abgeschlagen sind die Mobilfunkanbieter. Dabei hatten sie das Thema mobiles Bezahlen bereits vor Jahren auf der Agenda. Seit 2009 betreiben O2, Vodafone und Telekom in Deutschland das Bezahlsystem "mpass", das vor allem für Online-Käufe gedacht ist. Doch nur wenige Webshops machen mit, zudem ist die Nutzerfreundlichkeit bescheiden: Der Kunde muss auf der Händlerseite Handynummer und eine mpass-PIN eingeben. Darauf erhält er eine SMS mit einer Transaktionsnummer. Die muss er erneut eintippen, um die Zahlung abzuschließen. Im zweiten Halbjahr 2012 soll das System auch in den Einzelhandel einziehen.

"Mpass ist das Einzige, was die deutschen Mobilfunkanbieter beim Mobile Payment bisher auf die Beine gestellt haben – und keine Erfolgsgeschichte", sagt Forscher Pousttchi. "Jetzt schwimmen ihnen die Felle davon. Und die anderen machen das Geschäft." Lediglich in Schwellenländern sind ähnliche Systeme erfolgreich. Dort dienen sie allerdings weniger der direkten Bezahlung, sondern eher dem Überweisen von Geldern zwischen Menschen ohne Bankkonto.

Auch in puncto Vertrauen müssen die Telekomfirmen noch nachlegen. Nur zwölf Prozent der Deutschen sprechen ihnen beim Mobile Payment Sicherheitskompetenz zu, so eine Umfrage der Unternehmensberatung Putz & Partner. Die Banken kommen auf 34 Prozent. Tim Güneysu, IT-Forscher an der Ruhr-Universität Bochum, hält die Sicherheitssorgen zumindest bei NFC für übertrieben. Funkübertragung sei nicht per se gefährlich, und das NFC-Feld habe nur einen Radius von wenigen Zentimetern. "Der Chip ist geschützt, die Übertragung verschlüsselt. Bankdaten lassen sich da so einfach nicht auslesen", sagt Güneysu. Das größte Risiko seien die Nutzer selbst: "Manche schalten die Handysperre aus oder speichern die PIN in einer SMS. Dann hat ein Dieb leichtes Spiel", sagt Güneysu. Gefahren drohten zudem durch virenverseuchte Handy-Apps. Auch könnten Kriminelle QR-Codes überkleben, um die Zahlung umzuleiten.

Ist Bargeld also doch die sicherere Bank? Jeder zweite Deutsche lehnt mobile Zahlungssysteme kategorisch ab. "Die Leute werden so lange wie möglich mit Bargeld zahlen", sagt Studienautor Joachim Nickelsen von Putz & Partner. "Verbraucher reagieren auf Datenpannen hochsensibel. Die wahrscheinlichste Reaktion: ein Rückfall in alte Bezahlmuster." In anderen Ländern herrscht eine andere Wahrnehmung. In Schweden sind gerade Münzen und Scheine aus Sicherheitsgründen verpönt. Abba-Musiker Björn Ulvaeus forderte zuletzt gar die Abschaffung des Bargelds. Sein Sohn war dreimal ausgeraubt worden – für den Texter des Lieds "Money, Money, Money" ein Beleg für die Unsicherheit von Papier- und Münzgeld. Die Skandinavier seien an das Smartphone gewöhnt und akzeptierten daher neuen Funktionen leichter, sagt Nickelsen.

In Deutschland muss da mehr Überzeugungsarbeit geleistet werden. Immerhin ziehen beim Thema NFC nun alle an einem Strang. "Auch wenn ein internationaler Anbieter wie wir bessere Chancen hat, tut es dem Markt gut, wenn die Sparkassen das kontaktlose Bezahlen vorantreiben", gibt sogar MasterCard-Sprecher Klein zu. (bsc)