Kommentar: Das Problem mit Musks Comeback-Plan von Vine – es gibt heute TikTok

Seite 2: Vine fehlte es am "Monetarisierungsfahrplan"

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Über das vorzeitige Ende von Vine ist viel geschrieben worden, aber nur wenige kennen es besser als Karyn Spencer, Vines Leiterin der Creator-Abteilung von August 2015 bis zur Schließung der App im Januar 2017. Schon nach wenigen Wochen in ihrem Job bei Vine wurde Spencer gebeten, den Rückgang der Nutzerzahlen und die Revolte der größten Kreativen des Dienstes aufzuhalten, die jeweils Millionen Dollar für die Erstellung von Videos für die App verlangten.

Dabei gab es ein großes Problem: Twitter hatte Bedenken, einem wichtigen Vine-Star Geld für Inhalte zu geben, da man befürchtete, dass dies einen Präzedenzfall für die Bezahlung von Kreativen für die Veröffentlichung auf Plattformen, einschließlich Twitter selbst, schaffen würde. Die Befürchtung war, dass Millionen Twitter-Influencer anschließend Schlange stehen, um selbst Geld zu verlangen.

Sowohl Vine als auch Twitter machten zu dieser Zeit Verluste, und die Verantwortlichen bei Twitter befürchteten, dass die Kreativen noch mehr Geld absaugen könnten. "Als Creators zu Vine kamen und sagten, sie wollten eine Monetarisierung, um weiterhin Inhalte auf der Plattform zu erstellen, sagten [die Twitter-Bosse], dass sie fürchteten, dass sie künftig für jeden Tweet zahlen müssten", sagt Spencer.

Sie und ihr Team versuchten, dem Management zu erklären, dass es einen Unterschied in der Wahrnehmung des Zeitaufwands für die Erstellung unterschiedlicher Arten von Inhalten gibt. Resultat war, dass es nie einen "Monetarisierungsfahrplan" für Vine gegeben hat. "Das grundlegende Problem war Geld", fügt Pacheco hinzu. "Die Macher wollten ein Partnerprogramm, ähnlich dem von YouTube. Das gab es nicht, und wohin gingen die Macher dann? Zu YouTube."

Die Vine-Influencer produzieren ihre Videos nicht mehr umsonst. Pacheco sagt, er arbeite mit zahlreichen Content-Unternehmen zusammen, die derzeit im YouTube-Ökosystem tätig sind und sich weigerten, Inhalte für YouTube Shorts oder TikTok zu produzieren – vor allem, weil sie kein angemessenes Einkommen dafür garantieren können. "Vine ist zusammengebrochen und wurde von Twitter aus mehreren Gründen geschlossen, vor allem wegen des starken Wettbewerbs und der fehlenden Monetarisierungs- und Werbemöglichkeiten", sagt Maddox.

All diese Probleme sind heute noch schwerwiegender – in einer Zeit, in der sich die Kreativbranche stärker etabliert hat und die größten Namen auf Social-Media-Plattformen Millionäre sind. "Content Creator" ist ein Beruf – und die Leute werden in gewisser Weise für ihre Tweets durch Markenverträge und gesponserte Beiträge bezahlt.

"Man könnte heute keine kreative Videoplattform mehr gründen, wenn es keine Möglichkeiten zur Monetarisierung gäbe", sagt Spencer. Es sei auch nicht einfach ein Fall von "baue es und sie werden kommen".

"Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass Kreative heutzutage ein gutes Produkt und ein gutes Publikum, eine angemessene Unterstützung durch das Partnerteam des jeweiligen Publishers und legitime Monetarisierungsmöglichkeiten benötigen", fügt sie hinzu. In einer Zeit, in der Musk nun Personal bei Twitter abbauen will, um das Unternehmen in eine lebensfähige Firma zu verwandeln, habe die Aufstockung dieser Abteilungen möglicherweise keine Priorität.

Spencer sieht das Thema Politik und Musks Persönlichkeit selbst als weitere Variablen in der Gleichung – wobei Musks schrilles Auftreten in der Öffentlichkeit einige davon abhalten könnte, das Risiko einzugehen, Inhalte für ein neues Vine zu erstellen. Und dennoch: "Fast alle Kreativen, die ich kenne, fahren einen Tesla", sagt sie. "Ich glaube nicht, dass sie gegen eine Beteiligung von Elon wären".

(jle)