Missing Link: Deutschland – der Leuchtturm im Drohnenkrieg?

Ist die Bewaffnung von Drohnen wirklich ein logischer Schritt, oder ist es doch der Einstieg in eine neue Art von Kriegsführung?

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Missing Link: Deutschland – Der Leuchtturm im Drohnenkrieg?

(Bild: sibsky2016 / Shutterstock.com)

Lesezeit: 17 Min.
Von
  • Monika Ermert
Inhaltsverzeichnis

Am Montag hört der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestags noch einmal Experten zur Frage Recht und Unrecht beim Einsatz von Kampfdrohnen. Eigentlich sind die Argumente lange ausgetauscht, sagen Experten, eine klare Entscheidung überfällig: Will Deutschland seine Drohnen-Systeme bewaffnen? Kritiker aus Ländern, in denen der Einsatz von Kampfdrohnen in den letzten anderthalb Jahrzehnten normalisiert wurde, hoffen, dass der "Leuchtturm“ Deutschland standhaft bleibt.

"Missing Link"

Was fehlt: In der rapiden Technikwelt häufig die Zeit, die vielen News und Hintergründe neu zu sortieren. Am Wochenende wollen wir sie uns nehmen, die Seitenwege abseits des Aktuellen verfolgen, andere Blickwinkel probieren und Zwischentöne hörbar machen.

Der Ruf von Kampfdrohnen ist denkbar schlecht. Das Bureau of Investigative Journalism notierte bis März diesen Jahres 14.040 Drohnenschläge der USA in Afghanistan, Pakistan, Jemen und Somalia, bei denen insgesamt bis zu 17.000 Opfer zu beklagen sind. Bis zu 2.200 davon sind nach gesicherten Angaben Zivilisten, darunter wohl auch 400 Kinder.

Zivile Opfer von US Einsätzen in Afghanistan, Irak, Jemen und Somalia

Zahlen sind schwer zu bekommen und zu verifizieren, wo schon offizielle Berichte der Vereinten Nationen (UN) und Informationen der internationalen Streitkräfte extrem auseinanderklaffen: In Afghanistan war die US-geführte Allianz für 600 tote Zivilisten verantwortlich, die Streitkräfte selbst räumten allerdings nur 111 ein.

Es sind dabei vor allem detaillierte Recherchen von Aktivisten und Journalisten, die die ganze Brutalität der Auseinandersetzungen – und der Drohnenschläge – dokumentieren: Vor etwa einem Jahr tötete ein US-Drohnenangriff 30 Menschen und verletzte 40 weitere, darunter zahlreiche Jugendliche. Sie waren zur Ernte von Pinienzapfen in einem umkämpften Gebiet in der Provinz Nangarhar im Osten Afghanistans unterwegs. Auch ein von den Dorfbewohnern vorab an die Behörden gesandter Brief, in dem sie die Nussernte ankündigten, half nichts. Ganze Familien fallen Präventivschlägen im Kampf gegen den Terror zum Opfer.

Wie weit sich die USA mit Drohnenangriffen außerhalb von Kampfgebieten vorwagen, demonstrierten sie im Januar mit der laut UN-Bericht völkerrechtswidrigen Ermordung des iranischen Generals Kassem Soleiman und acht seiner Begleiter durch eine MQ9 Reaper.

Auch Bundeswehr und Verteidigungsministerium kennen diese Nachrichten. Gerne hätten sie, dass man nicht von Kampfdrohnen spricht, sondern von Unmanned Aerial Vehicle (UAV) oder ähnlichen Akronymen. Denn die Drohnen würden ja von Piloten geführt, ist das beim Kampfpanzer nicht auch der Fall? Vor allem beklagen die Befürworter der Bewaffnung der fünf von Israel geleasten Heron TP, dass man sich regelmäßig für den Drohnenkrieg der "amerikanischen Freunde" rechtfertigen müsse. Zu Unrecht, jammern Militärs und Verteidigungspolitiker. Natürlich gehe es der Bundeswehr nicht um gezielte Tötungen oder Präventivschläge auf der Basis von Informationen zu Verhaltensmustern oder die von den USA eingeräumte Ermordung auf der Basis von Metadaten.

Vertreter von Verteidigungsministerium und Bundeswehr warben daher in einer organisierten kleinen Veranstaltungsreihe zur Vorbereitung eines Bundestagsbeschlusses noch einmal dafür, die eigenen Soldaten und Soldatinnen in Einsätzen zu schützen. Man habe dabei die "drängende Notwendigkeit" für eine mögliche Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr "umfänglich, transparent und breit erläutert", teilte ein Sprecher des Ministeriums diese Woche mit. Die zugleich erfolgte politische, gesellschaftliche und ethische Debatte sei "frei zugänglich, offen und transparent geführt worden".

Im Abschlussbericht zur öffentlichen Debatte sind zwei wesentliche Einsatzszenarien für mögliche Drohnenangriffe durch die Bundeswehr dargestellt: der Objektschutz – fürs Feldlager oder den auf eine Straßensperre treffenden Konvoi – und die Absicherung von Patrouillen.

Objektschutz – Einsatzszenario laut Bundeswehr

Ein Bericht über den Beschuss des Lagers in Kundus von einer Raketenstellung aus, liefert das praktische Beispiel. Dabei wurde die Truppe durch die schon eingesetzte Drohnenaufklärung zwar gewarnt, konnte sich aber lediglich in Schutz bringen. Wäre die Drohne bewaffnet gewesen, hätte man die Angreifer dagegen direkt ausschalten können.

Die deutschen Soldaten hätten Anspruch auf den besten Schutz, vertraten CDU und CSU, FDP und SPD-Vertreter im Rahmen der BVG-Veranstaltung. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums unterstreicht gegenüber heise auch nochmal, dass diese Art von Luftnahunterstützung "durch passive oder ablauforganisatorische Maßnahmen alleine nicht ersetzt werden kann."