Schräg, aber genial

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Die bisherigen Prototypen brauchen extrem lange, bis sie aufgeladen sind, und ihre Haltbarkeit ist niedrig. Ein weiteres Problem: Luft enthält nicht nur Sauerstoff, sondern auch Wasserdampf und Kohlendioxid – beide giftig für das Lithium. Wie man beide Gase effektiv und kostengünstig abtrennen kann, ist derzeit noch unklar. "Diese Batterien kommen keinesfalls vor 2015, wahrscheinlich auch nicht vor 2020", glaubt Hörpel.

Theoretisch würde die Chemie noch ganz andere Speicherdichten erlauben: Ein Lithium-Fluorgas-Akku etwa käme rein rechnerisch auf die fast 50-fache Kapazität heutiger Lithiumbatterien – und würde damit die Energiedichte von Diesel und Benzin erreichen. Dann wären mit einem nur 50 Kilogramm schweren Akku Reichweiten von bis zu 1000 Kilometern machbar. Allerdings ist noch unklar, wie sich das chemisch überaus aggressive Fluor zähmen lassen könnte – ein Auto mit Lithium-Fluor-Akku wäre derzeit eine rollende Bombe.

Technologiesprünge sind auch für andere, deutlich größere Speicher vonnöten: Energiespeicher, die den Zweck haben, die Stromschwankungen von Solarzellen und Windturbinen auszugleichen. Heute leisten vor allem Pumpspeicherkraftwerke diese Dienste: Wenn etwa Windparks bei einer steifen Brise mehr Strom liefern als benötigt, fördern elektrische Pumpen Wasser in ein oberes Speicherbecken. Stehen später bei einer Flaute die Rotoren still, rauscht das Wasser wieder die Röhren hinunter und erzeugt in Turbinen Strom. Das Problem: Für Pumpspeicher gibt es nur begrenzt Standorte. Gleichzeitig wird der Bedarf an Energiespeichern mit dem geplanten Ausbau von Wind- und Sonnenkraft immer größer. Ohne solche Speicher drohen die Schwankungen so übermächtig zu werden, dass das Stromnetz regelmäßig zusammenbrechen könnte.

Deshalb basteln diverse ARPA-E-Projekte an neuen Ansätzen: Großbatterien, Schwungräder oder supraleitende Magneten, mit denen sich Schwankungen puffern lassen und die dadurch die Versorgungssicherheit garantieren sollen. So arbeitet die Firma ABB an einem supraleitenden Magneten, der den Strom bei minus 269 Grad Celsius in einem 30 Tesla starken Feld speichert und einen Wirkungsgrad von mehr als 85 Prozent verspricht. Er soll sich extrem schnell be- und entladen lassen, deutlich länger halten als ein Akku und billiger sein als eine Bleibatterie der gleichen Kapazität.

Verrückt klingende Ideen verfolgen die US-Forscher auch bei einem anderen ARPA-E-Schwerpunkt: der Entwicklung von innovativen, wirtschaftlichen Methoden der CO2-Abtrennung bei Kohlekraftwerken. Zum Beispiel untersuchen die Firmen ATK and ACENT, ob sich das Kohlendioxid per Überschalldüse aus den Abgasen des Kraftwerks lösen ließe. Das Prinzip: Die Tüftler wollen das Abgas durch feine, speziell geformte Düsen jagen, wie sie in der Raketentechnik Verwendung finden. Hinter der Düse expandiert das Gas in einen großen Raum, wodurch es sich so weit abkühlt, dass es Tröpfchen bildet.

Diese Tröpfchen regnen aus dem Gas heraus und können – so weit die Theorie – am Boden eingesammelt sowie anschließend in unterirdische Deponien verpresst werden. Funktioniert diese Methode, könnte sie vergleichsweise simpel an bestehende Kraftwerke angeflanscht werden. Die billige Kohlekraft würde damit zumindest übergangsweise zur klimaneutralen Alternative mutieren.

Massiv Energie sparen ließe sich vor allem in einem unspektakulär klingenden Bereich – der Leistungselektronik. Darunter versteht man unter anderem klobige Netzteile, Wechselrichter für Solarzellen und Konverter in Umspannwerken. Eine effektivere Leistungselektronik, so heißt es bei ARPA-E, könnte den Stromverbrauch der USA um 30 Prozent reduzieren. So arbeiten Forscher der Georgia Tech Research Corporation an Netzteilen, die auf einem Chip Platz finden und zum Beispiel in die Laptops und Handys der Zukunft eingebaut werden könnten. Unter anderem hätten sie deutlich geringere Wärmeverluste als die heutigen Netzteile. Dadurch, so die Hoffnung, würden die Geräte nicht nur Strom sparen, sondern auch leichter und billiger werden.

Eine weitere Baustelle im ARPA-E-Programm: die Entwicklung effizienterer Klimaanlagen und Kühlschränke. Unter anderem basteln die Wissenschaftler an Spezialmembranen, um die Feuchtigkeit aus der Luft zu filtern und dadurch die Effizienz der Klimaanlagen um bis zu 40 Prozent zu verbessern. Andere Experten versuchen sich an Kühlgeräten, die mit Stabmagneten oder Schallwellen funktionieren und dabei ganz ohne klimaschädliche Kühlmittel auskommen.

Egal ob es um effizientere Energiespeicherung, -einsparung oder um Klimaschutz geht: Die Projektpalette des ARPA-E-Programms ist bewusst breit aufgestellt, um die Chance auf einen Durchbruch zu erhöhen. Allerdings werden die Projekte nicht nur gefördert, sondern auch gefordert. Nach spätestens drei Jahren müssen die Forschergruppen zeigen, dass ihr Plan zumindest ansatzweise funktioniert – sonst gibt es keine Gelder mehr. Hierzulande trifft die Idee, spekulative Energieforschungsprojekte gezielt zu fördern, neuerdings durchaus auf Resonanz.