Vegas Loop: Teslas im Tunnel unter Sin City

Seite 3: Hauptschlagadern unter dem Strip

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Arbeiter senken den Bohrkopf in die Baugrube am Osteingang der Südhalle.

(Bild: LVCVA)

Auftritt Elon Musk. Er will sein Tunnelprojekt auf wesentliche Touristenzentren der Stadt und den Flughafen ausdehnen. Geplant ist eine Ringtunnelstrecke von der Fremont Street im alten Stadtzentrum von Las Vegas entlang des Las Vegas Boulevard ("Strip") über das Mandalay Bay, das neue Allegiant Stadium und einige Hotelcasinos westlich des Strip – das sind etwa 25 Kilometer. Ein Stichtunnel nach Osten soll den McCarran International Airport anbinden.

Der Plan. Die violetten Bögen kennzeichnen mögliche Wendepunkte. Die grünen Strecken sind im Bau oder kurz davor, die gepunkteten Linien mögliche Anschlusstrecken.

(Bild: The Boring Company)

Zwischen den beiden "Hauptschlagadern", wie TBC die Haupttunnel nennt, sind Wendeschleifen geplant, die den Autos einen Wechsel der Tunnelröhre ermöglichen. Denn die Teslas sollen nicht im Liniendienst verkehren, sondern ihre Passagiere von Punkt zu Punkt befördern. Für die Anbindung der Hotels und des Stadions sind die Betreiber selbst zuständig. Die Stadtverwaltung von Las Vegas diskutiert auch über eine mögliche Anbindung des Rathauses und weiterer Stadtteile. Und es gibt offenbar schon Pläne für eine weitere Tunnelschleife, mit der die Hotels der Caesars-Entertainment-Gruppe an die Hauptstrecke angebunden werden sollen (Caesars Palace, Paris Las Vegas, The Linq, Bally's, The Cromwell, Harrah's und Planet Hollywood).

Die Stadtverwaltung von Las Vegas, für den nördlichen Teil der Strecke zuständig, hat bereits erste Landnutzungsrechte erteilt. Etwa zwei Drittel der geplanten Tunnel verlaufen im Untergrund der Gemeinde Paradise südlich von Las Vegas, für die der Landkreis Clark County zuständig ist. Hier hat TBC seine Anträge Mitte Dezember eingereicht, im Februar soll es eine öffentliche Anhörung der Anträge geben. Die Gemeinden soll der Tunnel nichts kosten: "Keine öffentlichen Gelder fließen in das System", verspricht TBC-Präsident Steve Davis. Die Baukosten sollen TBC und die angeschlossenen Hotels stemmen.

Die "Las Vegas Loop" soll rund 4000 Fahrzeuge pro Stunde und Richtung verkraften, sagt TBC. Ansonsten sagt das Unternehmen nicht viel. Wie funktioniert das genau? Mit welchem Mindestabstand zwischen den Fahrzeugen wird kalkuliert? Wie fädeln sich die Autos in den Verkehr der Hauptadern ein? Wie aktiv oder passiv ist die Rolle der Fahrer? Und was kostet der Spaß eigentlich? Solche Fragen lässt TBC in typischer Musk-Manier unbeantwortet. Für das nördliche Drittel innerhalb der Stadtgrenze von Las Vegas spricht TBC von 35 Millionen bis 45 Millionen US-Dollar. Angesichts der über 50 Millionen, die das gut einen Kilometer lange Tunnelstück auf dem Messegelände kosten soll, bleibt bei den Kosten ein Fragezeichen.

Doch es sind nicht nur ein paar Verwaltungshürden, die das ambitionierte Projekt nehmen muss. Fragen wird TBC auch hinsichtlich der Sicherheit des Systems beantworten müssen. Das Unternehmen verweist auf reduzierte Feuergefahr, weil batterieelektrische Autos zum Einsatz kommen. Sollte dennoch ein Feuer ausbrechen, soll ein Ventilationssystem dafür sorgen, dass der Rauch abgesaugt wird. Für den Fall, dass Passagiere zu Fuß evakuiert werden müssen, soll es Fußwege und Ausstiegsmöglichkeiten geben. Inwieweit dabei gehbehinderte Passagiere oder Rollstuhlfahrer berücksichtigt wurden, ist offen.

Las Vegas Convention Center Loop (12 Bilder)

Arbeiten an der Bohrmaschine
(Bild: The Boring Company)

Beim Tunnelbau unter dem dicht bebauten Touristenzentrum von Las Vegas dürfen keine Versorgungsleitungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Tunnel sollen in etwa neun bis zehn Meter Tiefe verlaufen und damit unter den Versorgungssträngen, die nicht tiefer als drei Meter liegen, erklärt TBC. Trotzdem braucht man vorher ein genaues Bild von allen Strängen, die im Tunnelverlauf liegen. Und auch die Beschaffenheit des Untergrunds muss erkundet werden, weil die Wüste unter Las Vegas teilweise aus sehr harten Kalksteinverbindungen besteht, die eine Herausforderung für die Maschinen sein kann.

Doch eines der größten Hindernisse für Musks Mega-Loop wurde bereits beseitigt – mit tatkräftiger Unterstützung der Lokalpolitik. Die Monorail, zuletzt wieder einmal mit Plänen für eine neue Station am Sands Convention Center in der Presse, besitzt die Exklusivrechte für Personenbeförderung auf einer separaten Fahrstrecke im "Resort Corridor" um den Strip. Damit wäre Musks Tunnel raus.

Um den Konkurrenzausschluss aus dem Weg zu räumen, wurde die chronisch klamme und seit Mitte März wegen der Corona-Krise außer Betrieb gesetzte Monorail erneut ins Insolvenzverfahren geschickt. Aus diesem übernahm die Tourismusbehörde LVCVA das Unternehmen für 24 Millionen US-Dollar. Die ehemals privatwirtschaftlich als Non-Profit betriebene Monorail ist damit nun in öffentlicher Hand und die LVCVA hat den Verzicht auf die Exklusivrechte eingeleitet. Der Weg für das Tunnelprojekt ist frei. "Das wird als Wendepunkt in die Geschichte von Las Vegas eingehen", sagte LVCVA-Präsident Steve Hill.

Die LCVCA wird die Monorail zunächst weiter betreiben, sobald die Lage das wieder zulässt. Selbst wenn Musks Tunnelvision Wirklichkeit wird, wird über eine Ko-Existenz der Systeme nachzudenken sein. Zu Stoßzeiten fährt die Monorail – wenn sie denn fährt – alle vier Minuten. Das sind immerhin 3300 Passagiere pro Stunde und Richtung. Die Tunnel-Teslas müssen das erstmal schaffen. Und wenn nicht? Vegas wäre um eine irre Attraktion reicher.

(vbr)