Vom Fahren zum Gefahrenwerden. Wie Kalifornien, nur größer: Robotaxis in China

Seite 2: DiDi Xunking: das chinesische Uber, bald fahrerlos

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DiDi Chuxing ist ein chinesisches Unternehmen, das das Buchen von Taxi-Fahrten über eine Smartphone-App erlaubt, es ist das chinesische Uber-Pendant. Das börsennotierte Unternehmen ging 2015 aus einer Fusion hervor und ist derzeit mit 56 Milliarden US-Dollar bewertet. DiDi wickelt doppelt so viele Fahrten ab wie alle anderen Ride-Sharing-Firmen weltweit – täglich 25 Millionen in chinesischen Städten. Zum Vergleich: In Deutschland werden täglich (vor Corona) ca. 32 Millionen Fahrten mit dem ÖPNV unternommen.

Der Wettbewerb mit Uber in China endete 2016 mit der Übernahme dessen chinesischen Zweigs durch DiDi, im Gegenzug erhielt Uber eine prozentuale Beteiligung an DiDi Chunxing. Im Mai 2020 sammelte DiDi mehr als 500 Millionen US-Dollar ein, die bislang größte Einzelfinanzierung für ein chinesisches autonomes Startup.


(Bild: Michelle Lischke)

Timo Daum ist Dozent und Sachbuchautor. 2019 erschien sein Buch "Das Auto im digitalen Kapitalismus. Wenn Algorithmen und Daten den Verkehr bestimmen". Timo Daum schreibt regelmäßig für de Rubrik Missing Link" auf heise online.

(Bild: David Ausserhofer)

Andreas Knie ist Politikwissenschaftler und leitet zusammen mit Weert Canzler die Forschungsgruppe "Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung". Er berät Kommunen und Organisationen zu den Themen Verkehr, Mobilität, Digitalisierung & Nachhaltigkeit.

(Bild: David Ausserhofer)

Weert Canzler leitet zusammen mit Andreas Knie die Forschungsgruppe Digitale Mobilität am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen sozialwissenschaftliche Verkehrs- und Mobilitätsforschung, Energiepolitik, Innovationsforschung und Technologiepolitik.

Andreas Knie und Weert Canzler sind Preisträger des Bertha-und-Carl-Benz-Preises 2021.


Enorme Datenmengen fallen im Geschäftsbetrieb an, "mehr als 70 Terabyte täglich", erklärt Bob Zhang, CTO von DiDi – Start und Ziel, Geschwindigkeiten, Fahrwege etc. Diese Daten werden in eine KI-basierte Entscheidungsplattform ("DiDi Brain") eingespeist. Diese kann bereits heute 15 Minuten im Voraus und mit einer Trefferquote von 85 % vorhersagen, wo Fahrzeuge geordert werden. Die Potenziale für eine Optimierung des Services sind immens, mit diesen Informationen können Wartezeiten verkürzt und Flotten besser ausgelastet werden.

Die autonome Flotte von Didi in Guangzhou

(Bild: DiDi)

Im Juni 2020 startete DiDi Chuxing ein autonomes Fahrzeugprojekt für Passagiere in Shanghai. Laut Meng Xing, COO der Abteilung für autonomes Fahren, peilt DiDi Chuxing an, bis 2030 in Gebieten, in denen ein Mangel an Fahrzeugen und Fahrern herrscht, zum fahrerlosen Betrieb überzugehen. Angepeilt werden über eine Million Robotaxis auf der Plattform. Mit den DiDi Labs in Mountain View, Kalifornien, versucht das Unternehmen, den Ausbau von KI-basierten Fahrdiensten auch dort voranzutreiben.

Im Dezember 2016 gegründet, spielt pony.ai schon in der ersten Liga mit. Pony.ai wird derzeit – nachdem es in einer von Toyota angeführten Finanzierungsrunde im Februar 2020 462 Millionen US-Dollar gesammelt hatte – mit einem Wert von über 3 Milliarden US-Dollar gelistet. Seit Anfang 2020 betreibt pony.ai in Guangzhou im Süden Chinas, 100 Kilometer von Hongkong entfernt, einen groß angelegten Versuch mit selbstfahrenden Autos auf öffentlichen Straßen. Der Operationsbereich umfasst eine Fläche von 100 Quadratkilometern in der 40 Millionen Einwohner-Stadt.

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Pony.ai-Geschäftsführer James Peng hält die Herausforderungen in China für besonders hoch, "weil die Leute sich nicht an die Regeln halten" (). Folge sei, dass die Erfahrungen, die auf den chaotischen chinesischen Straßen gesammelt werden, wertvoller und die Daten aussagekräftiger als beispielsweise in den USA seien. Das eröffne gute Chancen, in Zukunft auch in Indien und afrikanischen Ländern zu reüssieren.

WeRide ist ein weiteres Startup, das drei Jahre nach seiner Gründung im Juli 2020 in der südöstlichen Stadt Guangzhou mit mehr als 100 Fahrzeugen an den Start gegangen ist. WeRide wird von einer Allianz von Renault, Nissan Motor und Mitsubishi Motors finanziert. Im Sommer erhielt das Unternehmen von den Behörden in Guangzhou die Genehmigung, die Fahrzeuge ferngesteuert zu betreiben.

Tony Han, CEO von WeRide, prognostiziert, dass die Anwendung von Robotaxis in großem Maßstab zwischen 2023 und 2025 stattfinden wird. WeRide beabsichtigt, ab 2025 mit dem Geschäft Geld zu verdienen.

Fahrzeug-Flotte von WeRide

(Bild: WeRide.ai)

Der chinesische Autobauer Dongfeng Motor Corporation begann Ende Februar, kostenlose Testfahrten in seinen selbstfahrenden Taxis in Wuhan, der Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hubei, anzubieten. 40 Fahrzeuge sind in einem Areal unterwegs, das "20 spezifische Parkplätze und mehr als 10 Routen" umfasst, berichtet die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Die Dongfeng Motor Corporation plant, in den folgenden zwei bis drei Jahren mehr als 200 fahrerlose Taxis in Wuhan einzuführen.

Momenta, eines der wertvollsten Startups für künstliche Intelligenz in Asien, nahm ebenfalls 2020 für autonome Fahrzeuge auf Level 4 den Testbetrieb auf. Es ist das erste Startup für autonomes Fahren, das bereits 2018 die Bewertung von 1 Milliarde US-Dollar erreichte. Daimler und Tencent gehören zu den Investoren in das gerade einmal vier Jahre alte Unternehmen, das sich auf Softwarelösungen für autonome Fahrzeuge spezialisiert hat. Momenta hofft, ab 2022 auf Sicherheitsfahrer in ihren Fahrzeugen verzichten zu können und ab 2024 profitabel operieren zu können.

Am Dienstag, den 11.5., geht es im nächsten Teil unserer Artikelserie um die regulatorische Situation und generell die Perspektiven in Asien: Startup-Kultur meets Planwirtschaft.

(jk)