Was machst Du grade?

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Zwei Dienste verdienen beim Microblogging-Trend die Hauptaufmerksamkeit: Twitter, weil es der erste und bekannteste Präsenz-Service war – und Pownce, weil es so viele Funktionen hat und die Persönlichkeit seines schillernden Gründers Kevin Rose widerspiegelt.

Twitter-User nutzen Handys, Instant Messaging-Software, diverse Client-Programme oder aber Twitters eigene Website, um die 140 Zeichen langen Botschaften zu verschicken und zu empfangen. Diese "Tweets" werden an einzelne Freunde, Freundesnetzwerke oder einfach an jeden weitergeleitet, der sich bei Twitter registriert.

Die meisten Twitter-User kommunizieren mit einem kleinen Netzwerk an Personen, die sie kennen, doch die beliebtesten besitzen Tausende so genannte "Follower", die ihnen lauschen. Paul Terry Walhus, ein Entwickler aus Austin, besaß Ende September satte 2421 Freunde. Robert Scoble, der erwähnte Tech-Blogger, 5880. John Edwards, US-Präsidentschaftskandidat, kam auf immerhin 3528.

Evan Williams glaubt aber, dass solch Promi-User eher ein "Ausreißer" seien, obwohl sie viel Aufmerksamkeit bekämen. Den Dienst will er vor allem als System verstanden wissen, mit dem schnell Nachrichten ans Ziel geleitet werden können, die auf diversen Geräten erstellt und gelesen werden – genau das solle sich der Nutzer frei aussuchen können.

Twitters Eleganz liegt dabei in seiner extremen Einfachheit. Pownce ist da schon komplexer: Wie schon bei Twitter kann man dort Botschaften an Freunde oder Freundesgruppen schicken, außerdem an die gesamte Gemeinschaft der Seite (ein Senden an Mobiltelefone ist derzeit noch nicht möglich). Man kann aber auch Links, Einladungen zu Veranstaltungen, Fotos, Musikstücke und Videos abschicken. Bei jedem Posting entscheidet man ganz genau, welche Gruppe oder Subgruppe seiner Freunde es empfängt. Es handelt sich also um eine Kombination aus privaten Botschaften und Dateitausch, die Pownce seine große Funktionalität gibt. Solche Funktionen sind auch schon bei vollständigen Social Networking-Plattformen wie Facebook zu finden – doch Pownce besitzt noch immer einen großen Teil der Intimität und Direktheit, der Twitter ausmacht.

Zu den Gründern von Pownce gehört Kevin Rose, bekannt als Gründer und "Chefarchitekt" des populären Nachrichtenaggregators Digg. Rose ist aber auch Begründer der Online-Video-Produktions- und Hostingfirma Revision 3, die "Diggnation" produziert, eine wöchentliche Geek-Nachrichtenshow, die Rose mitmoderiert. Der Hype beim Start von Pownce im vergangenen Juni, der durch die US-Medien ging, hatte viel mit Roses Reputation zu tun, ein jugendliches Publikum magisch anziehen zu können – Digg hat enorm viele, kultische Fans. Und Pownce war auch deshalb so "cool", weil Rose sich entschied, dass nur diejenigen, die eine Einladung erhielten, auch auf die Plattform durften – zumindest am Anfang.

Die meisten anderen Microblogging-Dienste kombinieren einige Features von Twitter und Pownce. Jaiku, inzwischen zu Google gehörig, arbeitet mit Handys, wie das Twitter tut – doch es kommt ähnlich wie Pownce auch mit Bildern und Videos klar. Andere Konkurrenten variieren das grundlegende Thema: Kyte preist sich selbst beispielsweise in den höchsten Tönen als "interaktiver TV-Kanal für die eigene Website, das eigene Blog, das eigene soziale Netzwerk oder Handy".

Kritiker der Technologie fragen vor allem nach dem Geschäftsmodell – wie soll man mit so etwas Geld verdienen? Tatsächlich treiben Twitter & Co. ohne großartige Einnahmeströme auf der sich inzwischen wieder stark aufgepumpten Venture Capital-Spekulationsblase, die auf den Namen Web 2.0 hört. Auch ästhetisch könnte man Kritik üben: Microblog-Postings sind für Gegner der Technologie schlichtweg ungeheuer banal.