Wassermangel stellt Asiens Chipstandorte vor große Herausforderungen

Erfahrungen der ostasiatischen Chipstandorte zeigen, was mit der Ansiedlung von Chipwerken in Deutschland droht: Wassermangel wird zur Zukunftsfrage.

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(Bild: Maksim Shmeljov/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Kölling
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In Südkoreas Ortschaft Yongin entsteht ein Halbleiterprojekt der Superlative. Bis 2042 könnte Samsung Electronics dort nach Angaben der koreanischen Regierung etwa 212 Milliarden Euro in Chipfabriken investieren, um global den größten Auftragshersteller TSMC aus Taiwan anzugreifen. Allerdings verdunkelt eine Umweltfrage die Erfolgsaussichten, die sich auch für die geplanten Chipwerke in Deutschland stellt. Die Sicherung von genügend Wasserreserven wird entscheidend für das Chipcluster werden, titelte jüngst die Tageszeitung Korea Times.

Tatsächlich ist Wasser ein wichtiger Rohstoff in der Chipherstellung. Die Fabriken benötigen große Mengen hochreines H₂O, um die in der Herstellung verwendeten Chemikalien aus den Wafern und Chips zu spülen – nebst anderen sogenannten Ewigkeitschemikalien. Für die Kühlsysteme reicht normales Wasser. Je größer die Chipcluster werden, desto massiver werden daher auch die Probleme mit der Wasserversorgung.

Die Werke in Yongin dürften nach heutigen Schätzungen täglich 650.000 Tonnen Wasser benötigen, erklärte das koreanische Umweltministerium. Um die Versorgung sicherzustellen, sind ein umfassendes Recycling von Abwasser anderer Samsung-Fabriken und neue Großprojekte geplant.

So soll ein Großteil des Wassers aus dem gestauten Han-Fluss, dem Nationalfluss, entnommen werden. Das Problem ist jedoch, dass das Stauwerk, der Paldang-Damm, auch ein wichtiges Wasserkraftwerk beherbergt, das auf das wichtige Element angewiesen ist. Um die Wasserausbeute zu erhöhen, erwägt das Ministerium den Bau eines weiteren Kraftwerks am Oberlauf des Flusses. Das alles setzt aber voraus, dass der Klimawandel keinen Strich durch die Rechnung macht und der Monsun weiterhin im Sommer die Stauseen mit Regenwasser füllt, um die regenarmen Wintermonate zu überbrücken.

Was passieren kann, wenn die Regenfälle ausbleiben, demonstrierte die Chip-Hochburg Taiwan im Jahr 2021. Dort hat der Weltmarktführer TSMC etwa seine größten Fabriken im regenärmeren Süden der Insel konzentriert. Wasserrecycling steht daher schon lange auf dem Programm – in den neueren Halbleiterwerken wird jeder Tropfen Wasser mehr als dreimal verwendet. Als jedoch in der Taifun-Saison 2020/21 die Wirbelstürme ausblieben, sanken die Wasserstände selbst im TSMCs Ursprung Hsinchu gefährlich.

Der Konzern musste daher mehr Wasser mit Tanklastern ankarren und dennoch sparen. Die Regierung überlegt nun, Wasserpipelines zu bauen, um das wichtige Reinigungsmittel aus dem regenreicheren Norden zu den durstigen Zentren der Chipherstellung zu leiten. Dieses Jahr drohen wieder kritische Wasserengpässe.

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Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Daher verwundert es nicht, dass die Chiphersteller weltweit das Wasserrecycling vorantreiben. Dies zeigt sich schon in der wachsenden Zahl der Zertifikate. Samsung hat Anfang des Jahres seine erste Platinum-Auszeichnung der Alliance for Water Stewardship (AWS) erworben. Diese Organisation, deren Gründung der World Wildlife Fund unterstützt hat, will Unternehmen zu nachhaltigem Wassermanagement erziehen. TSMC ist da schon weiter: Bereits neun Werke haben seit 2019 das höchste Gütesiegel der AWS erhalten.

In Deutschland wird das Problem nun ebenfalls akut, da die Bundesregierung riesige Werke von TSMC und dem US-Chiphersteller Intel anziehen will. Die Pläne für Intels Cluster bei Magdeburg, der eine Fläche von rund 500 Hektar belegen soll, sind besonders weit fortgeschritten. Und auch dort ist Wasserversorgung ein wichtiges Thema.

Intel hat inzwischen das Platinum-Zertifikat der AWS für den Ocotillo-Campus in Arizona erhalten. Der US-Konzern sichert damit zu, bis spätestens 2030 in allen Werken einen "net positive water use" zu erreichen, also unter dem Strich mehr Wasser an die Gemeinden zurückzugeben, als die Fabriken bezogen haben. Für 2021 gibt der amerikanische Chiphersteller an, einen zu 99 Prozent ausgeglichenen Wasserhaushalt zu haben.

Allerdings bedeutet das nicht, dass der Konzern wirklich die 2021 weltweit bezogenen 61,3 Milliarden Tonnen Trinkwasser von den Gemeinden sowie kleinere Mengen Regenwasser und Wasser aus anderen Quellen zu 100 Prozent recycelt und in den Wasserkreislauf zurückgeführt hat. Neutral oder letztlich netto-positiv wird das Ganze erst durch Wasserprojekte in den Regionen, die Intel unterstützt.

Dennoch sind enorme Mengen an frischem Wasser notwendig. Doch wird dies nach den letzten Dürrejahren in der ursprünglich geplanten Menge zur Verfügung stehen? In Intels "FactSheet Germany" suggeriert ein Foto einer vollen Elbe Wasserreichtum. Am 12. Juli (12 Uhr) lag der Pegelstand an der Messstation Magdeburg-Strombrücke jedoch nur bei 60 Zentimetern – 97 Zentimeter unter dem Mittelwert.

Dies deutet eines an: Die Chipindustrie steht nicht nur durch den immer schärferen Technikkrieg zwischen China und den USA unter Druck. Ausgerechnet der Rohstoff Wasser wird zu einer der wichtigsten Zukunftsfragen für die Halbleiterhersteller – und damit für die digitale Ära weltweit.

Update, 13.7.2023, 17.50 Uhr: In einer vorherigen Version des Artikels wurde geschrieben, dass Intel noch kein Platinum-Zertifikat der AWS habe. Dies war keine aktuelle Information und ist nun korrigiert.

(jle)