Bundesumweltministerin: Atomkraft war ein Irrweg
Tschernobyl markiere die Zäsur in der deutschen Atompolitik, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks auf einer Konferenz zum 30. Jahrestag der Reaktorkatastrophe in der Ukraine.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat die Nutzung der Atomenergie als einen Irrweg bezeichnet. Zur Eröffnung einer Fachkonferenz aus Anlass des 30 Jahrestags des Super-GAU von Tschernobyl sagte sie, das zeigten die heute noch sichtbaren Auswirkungen des Reaktorunglücks mit seinen vielen verwaisten Regionen in der Ukraine, Russland und Weißrussland.
Tschernobyl markiere die Zäsur in der deutschen Atompolitik. Ein breites gesellschaftliches Bündnis habe schließlich einen Gesinnungswandel eingeleitet. Die jahrzehntelange Diskussion zeige auch, dass die Gesellschaft über weltanschauliche Grenzen und Interessengegensätze hinweg zu einer Verständigung fähig sei, sagte Hendricks.
Die Ministerin sah es als persönliches Verdienst des damaligen Bundesumweltministers Jürgen Trittin an, dass der Ausstieg gelungen sei. "Dass es die zweite große Reaktorkatastrophe von Fukushima brauchte, bis auch die letzte Bundesregierung die Zeichen der Zeit erkannt hat, ist aus heutiger Sicht wenig verständlich."
Tihange im Blick
Zu den Vorgängen um das belgische Atomkraftwerk Tihange berichtete sie, dass es nun auch eine deutsch-belgische Arbeitsgruppe zu Fragen der kerntechnischen Sicherheit gebe. Diese habe sich Anfang April erstmals getroffen. Gegen das AKW Tihange, das 70 km von Aachen entfernt liegt, regt sich in deutschen Grenzgemeinden Widerstand, da von dort in den vergangenen Jahren immer wieder Zwischenfälle bekannt wurden. Mit Belgien solle ein bilaterales Abkommen zum Informationsaustausch über grenznahe nukleare Einrichtungen solle geschlossen werde. Mit sieben von neun Nachbarstaaten existiere eine solche Vereinbarung bereits, sagte Hendricks.
Bis Mitte des Jahres erwartet die Ministerin den Abschlussbericht der Kommission zur Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe. Daraus war jüngst bekannt geworden, dass 60 Regionen in Deutschland für die Endlagerung in Frage kommen. "Wir haben uns ehrlich gemacht", sagte Hendricks mit Blick zum Nationalen Entsorgungsprogramm, das erstmals alle Atommüllarten und -mengen erfasse. "Wir wissen jetzt schwarz auf weiß, mit welchen Mengen wir zu rechnen haben. Wir haben bekräftigt, dass wir ein Endlager in Deutschland brauchen. Wir dürfen die Verantwortung für diesen Müll nicht ins Ausland abschieben." Sie betonte, für ein Endlager-Suchverfahren zu stehen, das "transparent und ergebnissoffen" sei. Es gebe keine Vorfestlegungen auf ein Endlager in Gorleben oder anderswo.
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(anw)