Google Fiber mit ohne Fibre

Gerade im Silicon Valley lässt sich Google Fiber Zeit mit der Verlegung der Glasfasern. Die Anzeichen auf einen Wechsel zu Funkverbindungen verdichten sich.

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Brennende wasserfeste Sicherung

Die Hoffnung auf günstige Glasfaseranschlüsse droht, sich in Rauch aufzulösen.

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Wo Google Fiber draufsteht, muss keine Glasfaser drin sein. Es könnte auch bloß ein drahtloser Anschluss sein. Zumindest im Silicon Valley und in Portland, Oregon, hat Google Fiber den Netzbau aufgeschoben. Die Alphabet-Tochter möchte "die neuesten Technologien im Einklang mit unserer Produktplanung" anbieten. Und die Anzeichen, dass die Produktplaner auf drahtlose Anbindungen setzen, verdichten sich.

In San Jose im Silicon Valley hat Google Fiber bereits im Mai die letzten erforderlichen Genehmigungen erhalten. Über einen Zeitraum von drei Jahren sollte ein Netz entstehen, das zu 60 Prozent aus Glasfaser und zu 40 Prozent aus Funkverbindungen bestehen sollte. Ein mit der Verlegung der Fasern beauftragtes Unternehmen hatte bereits fast Hundert Mitarbeiter dafür gefunden.

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Doch im Juli, so berichtete die Zeitung Mercury News am Dienstag, wurde den Arbeitern plötzlich mitgeteilt, dass Google Fiber das Projekt aufschiebe. Es überlege, voll auf kabellose Verbindungen zu setzen. Den damit beschäftigungslosen Arbeitern bot die Netzbaufirma Arbeit an einem ganz anderen Projekt in San Diego an.

Auch aus Mountain View, wo Alphabet seinen Hauptsitz hat, und dem benachbarten Palo Alto berichtet die Zeitung, dass Google Fiber seine Aktivitäten aufgeschoben hat. Die Stadtverwaltungen, die für Google Fiber erhebliche Vorleistungen bringen müssen, wurden davon überrascht. Laut einem Mitarbeiter der Kommune Palo Alto soll die Pause mindestens sechs Monaten lang werden.

Bereits im Juli hatte The Oregonian aus Portland gemeldet, dass Google Fiber den Beginn seines Netzausbaus für "mindestens mehrere Monate" aufgeschoben hat. Die Stadt sowie den Staat Oregon traf das völlig unerwartet. Sie waren von einem unmittelbar bevorstehenden Spatenstich ausgegangen. Google Fiber hatte Portland schon seit 2014 als Standort in Erwägung gezogen. Im Zuge der Verhandlungen hatte die Stadt die von Google Fiber geforderten Aufgaben übernommen und Grundstücke zur Verfügung gestellt.

Ursprünglich hatte Google Fiber neben den Gigabit-Anschlüssen auch fast kostenlose Breitbandanschlüsse mit 5 MBit/s in Aussicht gestellt. Davon hat Google Fiber aber genau wie in Kansas City, Kansas, einen Rückzieher gemacht. Statt 300 US-Dollar für sieben Jahre sollen es nun 15 Dollar monatlich sein, wofür dann bis zu 25 MBit/s durch die Fasern huschen sollen.

Und das Parlament von Oregon musste eine Ausnahme von einer ungewöhnlichen Steuer beschließen, die auch den Markenwert des Unternehmens miteinbezieht. Da es damals die Google-Holding Alphabet noch nicht gab, war Google Fiber ein Google-Projekt. Dessen Markenwert zu besteuern, wäre für das Glasfaserprojekt prohibitiv teuer gewesen. Das erste Gesetz erwies sich als untauglich, so dass das Parlament ein zweites Gesetz beschließen musste, was auch in beiden Kammern einstimmig erfolgte. Nun ist offen, ob sich der Aufwand von Stadt und Staat auszahlen wird.

Einen weiteren Hinweis auf einen Strategiewechsel gibt eine Übernahme: Im Juni hat Google Fiber das Unternehmen Webpass gekauft. Es bietet Breitbandanschlüsse über Richtfunk, die, je nach Standort, 100 MBit/s bis 1.000 MBit/s (symmetrisch) leisten sollen. Webpass hat einige Zehntausend Kunden in und um San Francisco, in San Diego, Boston, Chicago sowie in der Region Miami.

Bereits 2014 hatte Google das Startup Alpental gekauft, welches sich mit Funk im 60-GHz-Band beschäftigte. Anfang 2015 schrieb Google Fiber dann eine Stelle für einen Wireless Systems Engineer "mit Erfahrung in 3G-, 4G- und 5G-Protokollen sowie WLAN" aus, wie Lightreading damals berichtete. Derzeit sucht Google sogar nach mehreren Wireless Systems Engineers und ähnlichen Fachleuten. Darunter einen Technical Program Manager, der den Aufbau drahtloser Zugangsnetze koordinieren soll.

Und jemanden, der von Google selbst entwickelte Hardware für den Zugang zu LTE- und 5G-Netzen testen soll. Betont wird die Zusammenführung lizenzierter, unlizenzierter und "lightly licensed" Funkfrequenzen. Diese Entwicklungsarbeit deutet in Richtung Mobilfunk, wo Google mit Project Fi bereits mehrere Mobilfunknetze und WLAN übergreifend nutzt. Parallel sucht Google Fiber einen Network Test Engineer, der Testsysteme für softwaredefinierte drahtlose Zugangsnetze aufbauen soll. Durchaus möglich, dass Google Fiber und Project Fi eines Tages mit einander verschmolzen werden. (ds)