Atomkraft: Japan erwägt Bau neuer AKW und Laufzeitverlängerung auf über 60 Jahre

Bisher hieß es aus Japan, dort sollen keine neuen Atomkraftwerke gebaut werden. Die weltweite Energiekrise lässt die japanische Regierung nun umschwenken.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 140 Kommentare lesen

Japans Premierminister Fumio Kishida war zu einer Konferenz zum Thema Transformation und Dekarbonisierung zugeschaltet.

(Bild: kantei.go.jp)

Lesezeit: 3 Min.

Die japanische Regierung weicht offenbar von ihrer bisherigen Linie ab und erwägt, neue Atomkraftwerke der nächsten Generation zu bauen. Zudem sollen bereits bestehende AKW wieder ans Netz gehen, AKW-Laufzeiten könnten auf über 60 Jahre verlängert werden. Das geht aus einer Mitteilung der Regierung hervor, in der Premierminister Fumio Kishida zitiert wird.

Mit der Invasion Russlands in die Ukraine im Februar dieses Jahres habe sich die weltweite Energieversorgung drastisch verändert, sagte Kishida nach einem Regierungstreffen. Japan müsse sich für den kommenden Winter wappnen, aber auch langfristig die Energieversorgung sichern. Das Land müsse alles unternehmen, um auf unvorhersehbare Situationen vorbereitet zu sein.

Zehn Atomkraftwerke, die momentan nicht am Netz sind, sollen möglichst schnell wieder in Betrieb genommen werden. Das hatte Kishida auch schon im Juli dieses Jahres gefordert. Nun kommt hinzu, dass er auch neue Atomkraftwerke in Betracht zieht. Sein Vorgänger Yoshihide Suga hatte im November 2020 betont, auch auf dem Weg hin zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 nicht auf neue Atomkraftwerke zu setzen.

Klimaneutralität bewegt auch Kishida, auf die er allerdings nur kurz einging. Die erneuerbaren Energien sollten beschleunigt eingeführt und es müssten politische Entscheidungen gefällt werden, um die Offshore-Windkraft und Speicherbatterien auszubauen. Mehr Raum nahm die Idee ein, bestehende Atomkraftwerke maximal zu nutzen und dabei die nötige Sicherheit zu wahren.

Nach dem Super-GAU von Fukushima Daiichi im März 2011 waren im Laufe der Zeit 10 der insgesamt 33 betriebsfähigen japanischen AKW wieder ans Netz genommen worden, einige sind jedoch aufgrund von Wartungsarbeiten momentan vom Netz. Die japanische Atomaufsichtsbehörde hat zugestimmt, sieben weitere Kraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen, das ist aber noch nicht passiert. Bis zu der Katastrophe waren landesweit 54 AKW in Betrieb, die etwa 30 Prozent des japanischen Energiebedarfs deckten.

Seit der Katastrophe von Fukushima, bei der sich Kernschmelzen in drei Reaktoren ereigneten, ist die Laufzeit von Atomkraftwerken auf 40 Jahre begrenzt. Wenn die Sicherheitsvorkehrungen in den AKW verbessert werden, können 20 weitere Jahre hinzukommen. Die Zeit, in denen AKW stillgelegt waren, könne möglicherweise zur bisher vorgesehenen maximalen Laufzeit hinzugezählt werden, schreibt die japanische Nachrichtenagentur Kyodo.

Ähnlich wie die deutsche sorgt sich auch die japanische Regierung um die Versorgung mit Erdgas, angesichts der Situation in der Ukraine, aber auch der Unwägbarkeiten der chinesischen Wirtschaft, geht aus den Ausführungen des Premierministers hervor. Japan prüft Optionen, sich noch mehr mit Flüssiggas (LNG) zu versorgen. Das Land ist nach Angaben der US-Regierung der größte LNG-Importeur der Welt. 21 Prozent der weltweiten LNG-Importe gingen im Jahr 2020 nach Japan, vor allem aus Australien, Katar, Malaysia und Russland.

(anw)