BND-Skandal: Ultimatum an die Bundesregierung

In den Streit um die Herausgabe der Listen mit bedenklichen NSA-Selektoren für die BND-Überwachung könnte wieder Bewegung kommen. Die G 10-Kommission will dem BND offenbar keine Überwachungen mehr genehmigen, bis sie die Listen sieht.

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NSA Abhöraffäre

(Bild: dpa, Andreas Gebert)

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NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Die Geheimdienstkontrolleure der sogenannten G10-Kommission haben der Bundesregierung in Zusammenhang mit der Selektorenliste von NSA-Suchbegriffen offenbar ein Ultimatum bis zum heutigen Mittwoch gestellt. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge wollen sie keine weiteren Abhöraktionen des Bundesnachrichtendienstes BND genehmigen, wenn sie keinen Einblick in die Listen erhalten. Darin sind jene Suchbegriffe gesammelt, die von der NSA an den BND übermittelt wurden und die sich gegen deutsche beziehungsweise europäische Interessen richten.

Die G 10-Kommission entscheidet über Abhörmaßnahmen des BND, durch die das Fernmeldegeheimnis aus Artikel 10 des Grundgesetzes eingeschränkt wird . Die Mitglieder müssen keine Bundestagsabgeordneten sein und sind ausdrücklich unabhängig (siehe dazu auch die Informationsseite des Bundestags zur G10-Kommission).

Den Mitgliedern der G10-Kommission gegenüber hat der BND dem Bericht zufolge nie offen kommuniziert, wofür angeforderte G10-Genehmigungen zum Zugriff auf Internetkabel verwendet wurden. Statt die durchlaufende Kommunikation begrenzt zu überwachen, sei sie komplett abgegriffen worden, wie BND-Chef Schindler eingestanden hatte.

Nun wollen die Kontrolleure wissen, woran die NSA interessiert war und welche Suchbegriffe sie an den BND weitergegeben hat. Dazu sollen unzählige gehört haben, die gegen deutsche und europäische Interessen gerichtet waren und in den vergangenen Wochen war ihre Zahl immer größer geworden. Bislang weigert sich die Bundesregierung jedoch, die Liste mit den Selektoren an parlamentarische Kontrolleure oder eben die G10-Kommission herauszugeben, wenn die USA dem nicht zustimmten. Dass sich die Haltung in Washington ändert und die Freigabe genehmigt wird, ist aber nicht zu erwarten.

Unabhängig von dem Ultimatum will die SPD demnach die Geheimdienstkontrolle durch die G10-Kommission gesetzlich stärken. Demnach sollen auch EU-Bürger unter einen besonderen Schutz gestellt werden, schreibt die Zeitung weiter. Ob und wie Grundrechte von Nicht-EU-Ausländern geschützt werden sollen, sei aber noch nicht klar. Bei den Geheimdiensten ist man der Auffassung, die würden vom Fernmeldegeheimnis nicht umfasst. Einige Verfassungsrechtler sehen das jedoch anders: Artikel 10 formuliere ein Menschenrecht, das für jeden gelte, nicht nur für Deutsche. (mho)