Bericht: Iran verschärft Kontrolle über Internet-Inhalte [Update]

Gefiltert werden Websites mit pornografischen, homosexuellen und politisch heiklen Inhalten sowie mit Anonymisierdiensten.

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Die Kontrolle über Internet-Inhalte hat im Iran zugenommen. Darauf macht die OpenNet Initiative (ONI) vor dem Hintergrund der heutigen Stichwahl um die iranische Präsidentschaft aufmerksam. Für ihre Studie (PDF-Datei) hat sie im November 2004 den Zugang zu 1477 Websites getestet, von denen 499 blockiert wurden. Im Dezember seien 623 von 2025 Sites nicht zugänglich gewesen. Dafür werde hauptsächlich die US-amerikanische Software SmartFilter eingesetzt, die den Zugang zu international gehosteten Websites kontrolliert, die in Englisch und vor allem zu jenen, die auf Farsi verfasst sind.

Gefiltert werden Websites mit pornografischen, homosexuellen und politisch heiklen Inhalten sowie mit Anonymisierdiensten, heißt es weiter in dem Bericht. Weitere nicht geduldete Websites seien auch solche, die sich mit Frauenrechten befassen, einige Weblogs und Diskussionsforen. Die Filtermaßnahmen würden durch eine Reihe von Gesetzen legitimiert, vor allem durch ein Pressegesetz von 1986. Wer sich als Kunde bei einem Internet-Service-Provider anmeldet müsse versichern, dass er keine "nicht islamischen" Inhalte veröffentlicht. Die Provider wiederum seien angehalten, Filter für Websites und E-Mails zu installieren.

Die Autoren der Studie, die an den Universitäten von Toronto, Harvard und Cambridge tätig sind, vertraten die Ansicht, dass sich die US-Firma Secure Computing durch die vermeintliche Lieferung der Filter-Technik als Komplize der iranischen Regierung angedient habe. Damit verstoße sie gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UNO. Der wachsende "Zensurmarkt, der wie ein Virus von China zum Iran und zu anderen Ländern überspringt", stehe im Widerspruch zur Parole westlicher Hightech-Firmen von der "Freiheit" und der "Verbundenheit" durch das Internet.

Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen hatte im Oktober vergangenen Jahres protestiert, da im Iran der fünfte Online-Journalist verhaftet wurde. Den Inhaftierten wird vorgeworfen, für reformorientierte Internetzeitungen gearbeitet zu haben. Um iranischen Internet-Nutzern Zugriff auf Websites zu gewähren, die von der iranischen Regierung geblockt werden, stellt das International Broadcasting Bureau (IBB), eine Institution der US-amerikanischen Regierung, einen Anonymisierungsdienst bereit. Dieser geriet vor gut einem Jahr allerdings in Verruf, da er übereifrig zensierte.

[Update]:
Secure Computing sieht sich durch die Aussagen der Autoren der Studie fälschlicherweise an den Pranger gestellt. Die Firma legt wert auf die Feststellung, dass sie keine Lizenzen ihrer Filter-Technik an irgendeine Organisation, Institution oder Firma im Iran verkauft habe: "Jegliche Nutzung von Secures Software durch einen Provider im Iran geschieht ohne Zustimmung von Secure Computing und stellt eine Verletzung der Endnutzer-Lizenzvereinbarung dar", erklärte Firmenchef John McNulty. Man habe Hinweise darauf erhalten, dass Provider im Iran die Software illegal und nicht authorisiert einsetzen würden, und unternehme Schritte, dies zu unterbinden. Man halte sich an die Exportgesetze; solange es keine Genehmigung der US-Regierung gebe, verbiete Secure Computing den Export seiner Produkte in den Iran und andere Länder, die von einem US-Embargo oder Handelsbeschränkungen betroffen seien. (anw)