Beweisaufnahme im ersten Prozess um Siemens-Schmiergeldaffäre abgeschlossen

Im ersten Prozess um den Schmiergeld-Skandal bei Siemens hat der Richter die Beweisaufnahme abgeschlossen. Am Donnerstag halten Staatsanwaltschaft und die Verteidigung des angeklagten Ex-Managers ihre Schlussplädoyers.

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  • dpa

Im Prozess um den Schmiergeld-Skandal bei Siemens soll am kommenden Montag (28. Juli) das Urteil fallen. Der Vorsitzende Richter Peter Noll schloss am heutigen Mittwoch die Beweisaufnahme ab. An diesem Donnerstag halten Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Schlussplädoyers. Angeklagt in dem Prozess ist der 57-jährige Reinhard S., der zu Prozessbeginn den Aufbau schwarzer Kassen im früheren Siemens-Kommunikationsbereich sowie die Abwicklung dubioser Provisionszahlungen gestanden hatte. Dem früheren Manager der Siemens-Festnetzsparte ICN wurde zunächst Untreue in 58 Fällen vorgeworfen. Neun Fälle wurden am Donnerstag auf Antrag der Staatsanwaltschaft aber abgetrennt und vorläufig eingestellt.

Zuvor hatte der Richter die Staatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl vernommen. Sie gab Auskunft über Vernehmungen des früheren Siemens-Finanzchefs Heinz-Joachim Neubürger und des ehemaligen Chefs der Kommunikationssparte, Lothar Pauly, im Januar 2007. Weder Pauly noch Neubürger waren unter Berufung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht erschienen. Gegen Neubürger ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft in Zusammenhang mit der Affäre. Insgesamt geht es in dem Siemens-Skandal um 1,3 Milliarden Euro an fragwürdigen Zahlungen, die als Schmiergeld zur Erlangung von Aufträgen im Ausland eingesetzt worden sein sollen.

Der Staatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl zufolge hatte Pauly bei seiner Vernehmung betont, keine Kenntnis über ein System schwarzer Kassen zu haben. Auch nachdem ihn die Staatsanwaltschaft mit fragwürdigen E-Mails aus seiner Amtszeit konfrontiert hatte, sei er bei seiner Aussage geblieben und habe darauf verwiesen, für die Überprüfung dubioser Zahlungsanweisungen nicht verantwortlich gewesen zu sein.

Neubürger habe zumindest eingeräumt, erste Informationen über Unregelmäßigkeiten in Nigeria im Jahr 2003 erhalten zu haben, sagte die Staatsanwältin. Darauf habe er angeordnet, die Vorgänge zu untersuchen und gegebenenfalls abzustellen. Er habe jedoch den Bescheid bekommen, alles sei in Ordnung. Kontrolliert habe er dies nicht. Noch im Sommer 2004 habe er eine Rede gehalten, in der er klar Stellung gegen Korruption bezogen habe. Diese Rede sei auch in der Mitarbeiterzeitung veröffentlicht worden. Von schwarzen Kassen in Liechtenstein habe er erst im Nachhinein etwas erfahren.

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(dpa) / (vbr)