Braun: Dokument mit Wirecard-Geständnis ist falsch

Laut Niederschrift einer Einvernahme hat Ex-Wirecard-CEO Markus Braun Manipulation zugegeben. Stimmt aber nicht, sagt der Österreicher.

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Brennendes Wirecard-Logo

(Bild: Plateresca/Shutterstock.com)

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Markus Braun hat am Donnerstag erneut vor der vierten Strafkammer des Landgerichts München I ausgesagt. Der ehemalige Wirecard-Chef ist des bandenmäßigen Bankenbetrugs angeklagt. Die strafrechtlichen Vorwürfe weist er von sich. Er gibt zu, dass es bei dem Zahlungsdienstleister kriminell zugegangen sei, er selbst habe davon aber nichts gewusst. Diese Verteidigungsstrategie hat der Österreicher auch am Donnerstag verfolgt.

Der vorsitzende Richter verwies auf die Zusammenfassung einer Einvernahme Brauns durch Ermittler. Laut diesem Dokument hat Braun zugegeben, den Börsenkurs Wirecards manipuliert zu haben, indem er am 22. April 2020 eine irreführende Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichen ließ. Dieser Teil des Einvernahmeprotokolls sei falsch, antwortete Braun; sein Rechtsbeistand habe das auch umgehend bei der Ermittlungsbehörde moniert.

Die Ad-hoc-Mitteilung ließ Wirecards Aktienkurs am nächsten Tag um mehr als ein Zehntel steigen, eine Woche später stürzte der Kurs dann aber um mehr als ein Viertel ab. Da hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Mitteilung irreführend war. Das Ende des DAX-Unternehmens war dann nur noch eine Frage von Wochen.

Journalist Dan McCrum hatte endlich mit seinen Aufdeckergeschichten zur Wirecard Gehör gefunden, sodass der Aufsichtsrat eine Prüfung durch KPMG veranlassen musste. Sie sollte die für die Jahre 2016 bis 2018 gemeldeten Finanzdaten überprüfen. Am 22. April stellte Wirecard die Veröffentlichung der Ergebnisse für den 27. April in Aussicht, in der Zwischenzeit würden noch weitere Datenbestände gesichtet. Bislang hätte es aber "keine substanziellen Feststellungen" gegeben, die zu einer Korrektur der Finanzabschlüsse führen würden. Und: "Belege für die öffentlich erhobenen Vorwürfe der Bilanzmanipulation wurden nicht gefunden." Das beflügelte den Aktienkurs – nicht zuletzt zum Vorteil Brauns, der fast sein gesamtes Vermögen in Wirecard-Aktien gesteckt hatte.

Was Braun damals verschwiegen hat: KPMG hatte gar keinen Zugriff auf die notwendigen Dokumente. Es konnte also nichts gefunden werden. Am 28. April 2020 folgte eine weitere Ad-hoc-Mitteilung, die versucht, den explosiven Kern in der Mitte zu verstecken. "Belastende Belege für die öffentlich erhobenen Vorwürfe der Bilanzmanipulation wurden nicht gefunden", heißt es eingangs. Am Ende wird die für den 30. April 2020 angekündigte Veröffentlichung des jüngsten Jahresabschlusses auf unbestimmte Zeit vertagt.

In der Mitte die Bombe: "Nach den gesteigerten forensischen Anforderungen der Untersuchung durch KPMG konnten allerdings nicht alle angeforderten Daten beschafft werden, die einen Nachweis der Umsatzerlöse in (den Jahren 2016-2018) erfüllt hätten, da sich diese Unterlagen überwiegend im Zugriffsbereich der Dritt-Partner befinden." Es folgte der Absturz der Wirecard-Aktie, ein deutsches Erfolgsmärchen war zu Ende.

Das Gericht möchte die Umstände der irreführenden Mitteilung vom 22. April 2020 klären. Zu der Zeit, verteidigte sich Braun am Donnerstag, habe er nach bestem Wissen entschieden. Der Inhalt habe seinem damaligen Kenntnisstand respektive Meinung entsprochen. Seine Interpretation der vorliegenden Informationen sei innerhalb seines Ermessensspielraumes als Manager gewesen, was ihm auch ein KPMG-Mitarbeiter damals bestätigt habe.

Brauns Problem: Die Anklage gibt an, dass dieser KPMG-Mitarbeiter ausdrücklich per E-Mail sowie telefonisch gewarnt habe, dass die geplante Mitteilung falsch und irreführend sei. Außerdem wird der Ex-Chef durch den Kronzeugen Oliver Bellenhaus, damals Leiter der Wirecard-Zweigstelle in Dubai, schwer belastet.

Die Anklage wirft Bellenhaus, Braun, und dem Chefbuchhalter des Unternehmens vor, ab 2015 die Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geprellt zu haben. Für Herrn Braun und seinen Chefbuchhalter gilt die Unschuldsvermutung. Herr Bellenhaus ist geständig. Vertriebschef Jan Marsalek ist flüchtig.

(ds)