Britischer Regulierer macht Dampf im Kampf gegen Copyright-Verletzungen

Die Ofcom will bis Ende August einen Verhaltenskodex ausarbeiten für die Aussendung von Warnhinweisen durch Provider bei wiederholten Urheberrechtsverstößen. Bürgerrechtler kritisieren die Eile und sehen viele Fragen offen.

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Die britische Regulierungsbehörde Ofcom will bis Ende August einen Verhaltenskodex ausarbeiten für die Aussendung von Warnhinweisen durch Provider bei wiederholten Urheberrechtsverstößen. Dafür will die Ofcom eine zentrale Einheit einrichten, die über das geplante System der "abgestuften Erwiderung" auf Copyright-Verletzungen im Internet wacht. Zugangsanbieter sollen selbst drei bis vier Schreiben versenden, bevor einige noch nicht festgelegte "technische Maßnahmen" greifen, und zwar von der Drosselung der Bandbreite bis hin zur Kappung des Netzanschlusses. Dies berichten Experten von Providern und die Bürgerrechtsorganisation Open Rights Group übereinstimmend nach ersten Gesprächsrunden zwischen der Ofcom und Interessenvertretern.

Das britische Parlament hatte das System der abgestuften Erwiderung Anfang April mit dem Digital Economy Bill vor den Neuwahlen im Schnellverfahren beschlossen. Die Liberaldemokraten, die inzwischen mit den Konservativen eine neue Koalitionsregierung gebildet, hatten gegen den Vorstoß gestimmt. Er muss teilweise noch durch das sich neu konstituierende Parlament geprüft werden. Trotz des politischen Wechsels will die Ofcom den engen Zeitrahmen des Gesetzes erfüllen und die Vorgaben für die Verwarnungen von Nutzern festzurren, die mehrfach bei illegalen Download-Aktivitäten erwischt werden.

Die Open Rights Group sieht aber noch mehrere Fragen offen. Nach wie vor sei unklar, was mit den Anbietern offener WLAN-Zugänge passiere. Bisher müssten Provider "angemessene Schritte" unternehmen, um Copyright-Verstöße durch Dritte zu verhindern. Zudem müsse aus den Schreiben unmissverständlich hervorgehen, dass sie bei einer Nichtbeachtung rechtliche Konsequenzen zu fürchten hätten. Dabei sei von Anfang auf die Möglichkeit des Einspruchs und darauf hinzuweisen, dass ein rechtlicher Beistand hinzugezogen werden kann. Letztlich müsse die Zahl der Rechtsverletzungen klar herausgearbeitet und dokumentiert werden. Auch müsse klar sein, ob ein Zugang etwa nach 15 oder 50 Verstößen gesperrt werde.

Die Politikwissenschaftlerin Monica Horten moniert zudem, dass die Ofcom offenbar ein "quasi-justizielles" System einer "automatisierten Rechtsprechung" ansteuere. Das entspräche nicht den Vorgaben aus dem Telecom-Paket der EU. Demnach sollen die Mitgliedsstaaten beispielsweise vor dem Kappen von Internetzugängen gemäß dem Modell "Three Strikes" ("drei Urheberrechtsverletzungen, und du bist raus ...") den Nutzern ein "faires und unparteiisches Verfahren" garantieren. Solche Maßnahmen müssten effektiv und schnell überprüft werden. (anw)