Chef der World Intellectual Property Organization kündigt Rückzug an

Der zuletzt unter Beschuss stehende Generaldirektor der WIPO, Kamil Idris, wird sich von seinem Amt bei der für das geistige Eigentum zuständigen UN-Organisation zurückziehen.

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Von
  • Monika Ermert

Der Generaldirektor der World Intellectual Property Organization (WIPO), Kamil Idris, kündigte seinen Rückzug aus dem Amt der für das geistige Eigentum zuständigen UN-Organisation an. Vorausgegangen war ein beispielloser Streit unter Mitgliedsstaaten und auch unter den 1600 WIPO-Mitarbeitern, von denen sich eine große Zahl per offenen Brief an Idris wandte, um ihn zum Rücktritt aufzufordern.

Idris war im Rahmen der Generalversammlung von mehreren Mitgliedsstaaten wegen diverser Unregelmäßigkeiten aufgefordert, reinen Tisch zu machen. Doch der Generaldirektor war bei der Generalversammlung den meisten Plenarsitzungen einfach ferngeblieben, wie heise online von Vertretern von Mitgliedsstaaten erfuhr. Offenbar hoffte er, so sein Amt retten zu können. Jetzt zog Idris doch die Konsequenzen und bat das Koordinationskomitee der Mitgliedsstaaten, seine Ablösung zur nächsten WIPO-Generalversammlung 2008 vorzubereiten. Das teilte das Koordinationskomitee in einem Brief mit.

Eingestanden hatte der zuletzt hochumstrittene Generaldirektor aus dem Sudan, der seit 1982 bei der WIPO arbeitet und seit 1997 deren Chef ist, dass er bei seiner Einstellung ein falsches Alter angegeben hatte. Statt 1954 gab er das Jahr 1945 an. Weitere Vorwürfe, die gegen Idris geltend gemacht wurden, beziehen sich auf Vorteilsnahme etwa beim Bau des privaten Schwimmbades, sein ungeklärtes Verhältnis zu einem Sonderberater, der von den Schweizer Behörden wegen möglicher Verbindungen zum UN-Skandal beim Öl-für-Nahrung-Programm belangt werden sollte, vorher aber abtauchte. Laut dem Fachblatt IP-Watch konnten die verschiedenen Vorwürfe nicht erhärtet werden, hielten sich aber beständig in der Auseinandersetzung. In der Rücktrittsforderung der Mitarbeiter war auch von Missmanagement die Rede.

Unterstützung erhielt Idris vonseiten afrikanischer Staaten, die von einer rassistischen Kampagne gegen den Sudanesen sprachen. Doch zuletzt warnten selbst Nichtregierungsorganisationen, die auf eine Umsetzung der unter Idris verabschiedeten neuen "Entwicklungspolitischen Agenda" für die WIPO setzen, davor, dass sein Beharren den Zielen der Organisation schade. Die Hauptkritiker aus dem Regierungslager, allen voran die USA und die Schweiz, verweigerten eine Verabschiedung des Budgets für 2008/2009 vor einer Klärung der Situation. Das neue Budget, in dem auch der Posten "entwicklungspolitische Agenda" aufgenommen ist, muss nun demnächst in einer Sondersitzung von den Mitgliedsstaaten verabschiedet werden.

Das Netzwerk Freies Wissen begrüßte in einer raschen Stellungnahme das Ende der Stagnation. "Nun kann der Prozess zur Umsetzung der so genannten Development Agenda beginnen", erklärte Petra Buhr, Koordinatorin des Netzwerkes und Beobachterin bei der WIPO. "Die Development Agenda ist eine erste internationale Initiative für mehr Ausgleich in der weltweiten Wissensgesellschaft."

In einer außerordentlichen Sitzung am 13. und 14. Mai kommenden Jahres wird das Koordinationskomitee nun einen Nachfolger für den Posten nominieren, der dann von der Generalversammlung 2008 im September formell gewählt werden wird. Bis zum 13. Februar können die Mitgliedsstaaten nun selbst Kandidatenvorschläge einreichen, und zwar einen pro Land, schreibt das Koordinationskomitee weiter. Beizulegen sind die Lebensläufe der Bewerber – bitte mit korrekten Altersangaben dürften alle WIPO-Beobachter und -Mitarbeiter in Gedanken wohl dazusetzen.

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(Monika Ermert) / (jk)